Bild nicht mehr verfügbar.

Letzten Freitag wurde unter dem Motto "One Billion Rising" mobilisiert.

Foto: ap/Lynne Sladky

Die Initiative "One Billion Rising" holt seit 2012 abertausende Frauen auf die Straßen, die tanzend gegen Gewalt an Mädchen und Frauen ein Zeichen setzen: von Brüssel bis Neu-Delhi, von Wien bis Istanbul. Auch dieses Jahr schaffte es die Aktion am 14. Februar, nicht nur Organisationen und Teilnehmerinnen zu mobilisieren. Selten, dass Fotoagenturen zeitgleich und von unterschiedlichsten Plätzen der Welt so viele Bilder einer frauenpolitischen Kampagne liefern.

Das ist nur ein aktuelles Beispiel dafür, dass man sich über einen Mangel an Kampagnen, Aktionstagen und Initiativen für frauenpolitische Anliegen nicht beschweren kann. Vor kurzem fand der Internationale Tag gegen FGM (6. Februar) statt, im November der Internationale Tag gegen Gewalt an Frauen (25. November) samt den dazugehörigen 16 Tagen gegen Gewalt, im Frühjahr steht einer der beiden jährlichen Equal Pay Days ins Haus (der zweite folgt im Herbst). Und natürlich der seit über hundert Jahren (mit Unterbrechungen) stattfindende Frauentag am 8. März.

Konkrete Maßnahmen fehlen

Die Zahl der internationalen Aktionstage scheint immer mehr zu werden. Doch was bringt diese Flut an symbolischen Aktionen eigentlich? Zumindest wenn die jeweilige Kampagne relativ neu ist, wie etwa "One Billion Rising", erst einmal mediale Aufmerksamkeit. Doch auch die verfliegt bei der x-ten Wiederholung, wie wir am 8. März sehen können. Und auch die Initiativen zur Gehaltsschere provozieren mit der Zeit nur mehr lustlose PolitikerInnen-Versicherungen, dass man das Thema nicht vergessen habe – gesetzliche Maßnahme gibt es freilich keine. Man setzt weiter auf Bewusstseinsbildung, also Kampagnen. 

Verlässt man aber die diskursive Ebene und fragt nach den tatsächlichen Veränderungen in den Bereichen, auf die die Kampagnen abzielen, verstärkt sich der Eindruck einer Parallelaktion: Auf der einen Seite eine immer präsentere Symbolik gegen Gewalt, gegen ungleiche Bezahlung oder Diskriminierung per se. Auf der anderen Seite eine seit Jahrzehnten nahezu unveränderte gesellschaftliche Realität, an der die zunehmende Zahl an Aktionen offenbar nicht rütteln kann.

Auffällig ist auch der beinahe schon unverbindliche Ton, der oftmals einen Konsens suggeriert, der dem Reality-Check nicht standhält. Gewalt an Frauen? Klar – das finden freilich alle böse! Die frauenpolitische Arbeit an der Basis zeigt jedoch, dass es im Alltag nicht einmal Konsens darüber gibt, wo Gewalt oder sexuelle Belästigung anfängt und die Grenzen gern je nach Belieben verschoben werden.

Ein Zeichen ist ein Zeichen

Zudem verstärken diese vielen symbolischen Bekenntnisse den (leider oft falschen) Eindruck, dass sehr viel gegen Diskriminierung getan würde. Eine weit verbreitete Einschätzung, die nicht unbedingt in einer erhöhten Solidarität mit frauenpolitischen Einrichtungen mündet.

Kampagnen setzen Zeichen, nicht mehr und nicht weniger. Die vielen Kampagnen haben auf die strukturellen Gründe für Sexismus und Rassismus keinen Einfluss – zumindest bis jetzt nicht. Und hin und wieder werden sie auch von Seiten der Politik dazu missbraucht, um zu vermitteln: Es tut sich was. Doch zu einer Gleichsetzung von Symbolik und faktischem Fortschritt sollte man sich nicht verleiten lassen. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 19.2.2014)