In Anlehnung an Joseph Beuys gab Jakob Lena Knebel diesem Selbstporträt den Titel "Fettecke" (2011).

Foto: G. Petermichl

Wien - Man hat sich für das Wort "Gegenüberstellung" entschieden. Nicht etwa für "Bezugnahme": So viel haben die Körperbilder von Adolf Frohner und Jakob Lena Knebl ja schließlich auch wieder nicht gemein. In der Ausstellung Versus ... - Wiener Szene (1952-2014) in der Wiener Viertelneun Gallery hat man allerdings auch keinen Frauenakt des Malers, sondern ein Materialbild in die Nähe einer Fotografie von Jakob Lena Knebl (geb. 1970) gehängt: Dies zeigt die nackte Künstlerin, die mit Bezug auf die berühmte Fettecke von Beuys ein sehr imposantes Körperbewusstsein ausdrückt.

Ähnlich wie die Aktionisten fordert auch Knebl die Betrachter heraus - allerdings geht es der Künstlerin mehr um die "transsexuelle" Befreiung; auch die Werke von Judith Rohrmoser oder Marianne Vlaschits (beide 1983 geboren) weisen Differenzen zum Wiener Aktionismus auf: Beide Künstlerinnen malen mit expressivem Gestus; von den ebenfalls ausgestellten, exotisch anmutenden Aktdarstellungen von Otto Muehl oder auch Hubert Schmalix heben sich aber ihre Körperbilder (ein dicklicher Bacchus von Vlaschits und ein ungeschöntes Selbstporträt Rohrmosers) doch deutlich ab.

Aber dem Galeristen Raimund Deininger ging es freilich auch gar nicht darum, ein homogenes Bild darzustellen. Neben den im engeren Sinne aktionistischen Positionen der 1960er-Jahre (zu sehen sind Werke von Günter Brus, Otto Muehl oder Hermann Nitsch) hat man den stark männerdominierten Zirkel mit vielen jüngeren Positionen sehr bewusst aufgemischt: Neben Arbeiten der erwähnten Künstlerinnen gehören dazu auch die Lovers von Pirmin Blum (nach Roy Liechtenstein), die feine Buntstiftzeichnung Home Made von Michail Michailov sowie eine echte Entdeckung: In den 1970er-Jahren besuchte Andy Warhol eine Aktion am Friedrichshof und "dokumentierte" diese danach per Polaroid, indem er das Gesehene perfektioniert nachstellte.

Die Schau bei Viertelneun hält eine Reihe sehr sehenswerter Arbeiten bereit. Unter diesen haben die Warhol'schen Polaroids aber auch deswegen Seltenheitswert, weil die Idee der Kommune heute offenbar aus der Mode gekommen ist - lediglich die zahlreich versammelten Möbelstücke (u. a. ein Stuhl von Padhi Frieberger oder die Stehlampe Spliff von Martin Grandits) könnte man noch dahingehend interpretieren, dass die Zusammenführung von Kunst und Leben nach wie vor ein Anliegen ist. (Christa Benzer, DER STANDARD, 27.2.2014)