Bei dem Thema Festplattenabgabe nicht zwischen die Fronten zu geraten ist schwierig. Die NetzfreiheitsaktivistInnen hier, die Kunstindustrie da – da können die Wogen schon einmal hochgehen.

Prinzipiell finden wir es schon sehr charmant, dass die Politik an uns KünstlerInnen, UrheberInnen, RadaumacherInnen denkt. Denn ehrlich, wir sind schon arme Schweine (obwohl wir uns gar nicht so fühlen, weil wir ja gern Musik und Geräusche machen, aber das ist irgendwie was anderes). Wir beleben das regionale Club- und Lokalwesen, mieten Bandproberäume und Tonstudios, kaufen uns die neue Ibanez, und uns reißen ständig die Saiten. Ständig.

Wir sind ein kleiner, aber feiner und für die Betroffenen unersetzlicher Wirtschaftsfaktor. Entferner war zumindest schon für den Umsatz des einen oder anderen zusätzlichen Biers verantwortlich (und das nicht nur wegen des bandinternen Konsums). Die meisten von uns investieren mehr, als dabei herausschaut – aber wie gesagt, wir tun es gerne.

Entferner sind nicht marktkonform

Der Reihe nach. Erstens ist es völlig notwendig, österreichische KünstlerInnen zu unterstützen. Ob über Sozialleistungen oder über Förderungen wie jene durch den Musikfonds. Oder über systemische Förderungen wie Österreich-Quoten auf Radiosendern, die den heimischen KünstlerInnen endlich mehr Aufmerksamkeit und Einnahmen einbrächten.

Zweitens muss das irgendwie finanziert werden. Da gab es bislang etwa die Leerkassettenabgabe. Wenn jemand ein leeres Tonband (sooo Eighties ...) gekauft und sich dann eine Privatkopie oft direkt aus dem Radio überspielt hat, so ging dafür ein Aufpreis an die AKM. Dort ist ein nicht unerheblicher Teil hängengeblieben. Der Großteil des Rests wurde marktkonform an Metallica verteilt. Deutlich weniger floss in Sozialleistungen für heimische KünstlerInnen. Wie viel Entferner aus der Leerkassettenabgabe bekommen haben, wissen wir trotz AKM-Abrechnungen nicht. Transparenz und so.

Lady Gagas Schadenfreude

Da niemand mehr die Bandln kauft und sich eine Finanzierungslücke auftut, haben Justiz und Politik im Gleichschritt beschlossen, diese Leerkassettenabgabe auf (noch) moderne Speichermedien auszuweiten. Die Festplattenabgabe ist geboren. Die schlagen die Verwerter dem Einzelhandel auf alles, was Daten abspeichern kann, auf – unabhängig davon, ob man das Gerät primär für den Konsum von Kunst verwendet oder nicht. Gut möglich, dass Desktop-Computer schon bald um 40 Euro teurer werden. Tablets, Digitalkameras, USB-Sticks, Smartphones – dafür sollen wir bald deutlich mehr bezahlen.

Lady Gaga wird es künftig freuen, wenn unsere Laptops hinüber sind und wir neue anschaffen müssen. Sie wird dabei verdienen. Wie sieht es mit unsereins aus? Was ist mit Entferner? Die marktgerechte Aufteilung spricht gegen uns. Gehen wir von 20 Millionen Euro jährlich aus. Da bleibt – nachdem sich Verwertungsgesellschaft und Justin Bieber bedient haben – vielleicht ein ganzer Euro bei uns hängen.

Festplattenaufgabe

Das führt uns zu drittens, zur Kosten/Nutzen-Rechnung: Wenn wir uns im Jahr auch nur ein Speichergerät anschaffen, dann ist die Festplattenabgabe ein Verlustgeschäft. Weil uns die Festplattenabgabe urheberrechtlich weniger bringt, als wir durch persönlichen Konsum aufzahlen werden, kostet uns die Sache unterm Strich also Geld. Und man fragt sich schon, ob sich alle, die jetzt für die Abgabe aufstehen, ausgerechnet haben, für welche Summe sie so ein Tamtam machen.

Wir empfehlen der Politik nichts. So anmaßend sind wir ja nicht. Die Festplattenabgabe bringt uns aber genau Steine. Geschweige denn löst sie das erhebliche strukturelle Defizit der österreichischen Kunstszene. Aber vor allem wollen wir als junge österreichische KünstlerInnen nicht dauernd als Ausrede herhalten müssen, warum für alle alles noch teurer wird. (Peter Bruck, Leserkommentar, derStandard.at, 28.2.2014)