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Im Kreuzfeuer: Kiews Innenminister Arsen Awakow

Foto: reuters/SHAMIL ZHUMATOV

Politiker an gebrochenen Versprechen zu messen ist eine müßige Angelegenheit – schließlich gehören derartige Angelegenheiten weltweit zum politischen Alltag, egal ob in Washington, Wien, Kiew oder Moskau. Die Ankündigung des ukrainischen Innenministers Arsen Awakow, den Aufstand in der Ostukraine innerhalb von 48 Stunden zu beenden, "so oder so", sucht dennoch ihresgleichen. Denn sie war genauso martialisch wie unerfüllbar.

Wenn die vor einer Woche geäußerte Drohung die Separatisten einschüchtern sollte, so ging der Schuss nach hinten los. In der Zeit hat die ukrainische Führung weder das Verhandlungsgeschick besessen, die prorussischen Kräfte im Donezkbecken zum Einlenken zu bewegen, noch konnte sie ihre Autorität über die Sicherheitskräfte des Landes demonstrieren.

Umstrittene erste Amtshandlungen

Deren Illoyalität hat der 50-jährige Awakow, der in Baku geboren wurde und armenische Wurzeln hat, zumindest mitzuverantworten. Zwei seiner ersten Amtshandlungen waren maßgeblich daran schuld. Unmittelbar nach seiner Einsetzung kündigte er an, dem rechtsextremistischen Rechten Sektor Posten an der Führungsspitze des Innenministeriums zu überlassen. Kurz darauf löste er die Sondereinheit Berkut auf. Berkut war wegen ihrer Härte gegenüber den Demonstranten auf dem Maidan berüchtigt (die Todesschüsse haben die Beamten dieser Einheit aber wohl nicht abgegeben), doch wie sich nun herausstellt, gibt es in der Ukraine keine anderen schlagkräftigen Polizeitruppen.

Der Rechte Sektor hingegen verwickelte sich schnell in Skandale um Raub und Schutzgelderpressung und erklärte Awakow nach der Liquidierung eines ihrer Führer selbst zum Feind.

Fehlkalkulation

Derartige Fehlkalkulationen sind eigentlich untypisch für Awakow, der vor seiner politischen Karriere erfolgreicher Geschäftsmann war und heute – beinahe typisch für einen ukrainischen Politiker – mit 100 Millionen Dollar (mehr als 70 Millionen Euro) Vermögen zu den reichsten Männern des Landes zählt.

Bei der Lösung der ostukrainischen Krise kommt dem Julia Timoschenko nahestehenden Minister eine Schlüsselrolle zu. Bleibt zu hoffen, dass er in Zukunft mehr Fingerspitzengefühl beweist. Die Probleme der Region sollten ihm durchaus bekannt sein: Immerhin war Awakow von 2005 bis 2010 Gouverneur der Region Charkiw, die an der Grenze zu Russland gelegen ist und in der es nun wie im Donezkbecken ebenfalls brodelt. (André Ballin, DER STANDARD, 18.4.2014)