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Nachhilfe für Neo-Ministerin Miklautsch - wenn überhaupt Interesse besteht...
Foto: APA/Techt
In der "Zeit im Bild 2" am Montag, dem 28.6., bekannte sich die neue Justizministerin Karin Miklautsch (FPÖ) zum Differenzdenken: "Grundsätzlich glaube ich, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt - geschlechtsspezifische Unterschiede. Und dass auf diese Unterschiede sehr wohl Rücksicht zu nehmen ist. Und das ist genau das, was mir auch an diesem Ansatz, Gender-Mainstreaming-Ansatz sehr gut gefällt."

Gleichstellung braucht Kompetenz statt Glauben

Ob und wie Gender Mainstreaming zur Gleichstellung beiträgt, hängt großteils von den Geschlechterdefinitionen und der Positionierung der Verantwortlichen ab. VertreterInnen der Geschlechterdifferenz sehen – verkürzt ausgedrückt - eine Lösung der Geschlechterschieflage in der Aufwertung des Weiblichen, als "Umwertung der Werte" – dabei kommt es aber weiterhin zur Reproduktion patriarchaler Gesellschaftsstrukturen. Die Geschlechterpositionen weisen Männern und Frauen unterschiedliche Rollen, Aufgaben, Möglichkeiten und Ideale zu. Die Umsetzung von Gender Mainstreaming steht demnach in Abhängigkeit zur Definitionsmacht und zu gesellschaftlichen Konventionen über das Verständnis von Männlichkeit und Weiblichkeit.

Widerspruch

Der Glaube an Unterschiede, wie ihn Justizministerin Miklautsch hier äußert, legt nahe, dass die sozial und kulturell gemachten - weil konstruierten - Unterschiede zwischen Männern und Frauen zementiert werden. Das widerspricht dem Prinzip von Gender Mainstreaming, das von der Weltfrauenkonferenz, also der Frauenbewegung, als strategisches Instrument gegen die weltweite Ungleichstellung von Frauen formuliert wurde.

Angesichts der vertikalen und horizontalen Geschlechtersegregation am Arbeitsmarkt, der Ungleichverteilung von Macht- und Führungspositionen, von unbezahlter Arbeit, der Einkommensschere, mutet die Anschlussfrage des Moderators an das Statement der Ministerin sehr zynisch an:

Es heißt Mainstreaming - nicht Malestreaming

"Gender-Mainstreaming besagt aber, dass nicht nur Frauen im Alltag Nachteile erleben können, sondern auch Männer", so ORF-Moderator Franz Renner. Hier möchte ich gleich anschließen mit den nur 2,3 Prozent den Väterkarenz österreichweit. Weiters leiden Männer an Überrepräsentation in oberen Hierarchierängen am Arbeitsmarkt, in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Nicht zu unrecht kritisiert hier der Gleichstellungsbericht der EU Kommission die Unterrepräsentation von Frauen in Entscheidungsprozessen! Auch hier gilt, Differenzdenken hält traditionelle Männlichkeitsbilder eher aufrecht, die einem Mehr an männlicher Familien-, Pflege- und Beziehungsarbeit und einem Weniger an Macht, Geld und Einfluss von Männern entgegenstehen. So ist es nicht verwunderlich, dass Justizministerin Miklautsch die Benachteiligung von Männern bekräftigt: "Ich habe damit kein Problem und stimme auch damit natürlich voll und ganz überein. Also gerade wenn man jetzt das Scheidungsrecht anschaut und so weiter, also es gibt genug Sachen, wo auch Männer benachteiligt sind."

Klares Bekenntnis

Mit Schrecken habe ich diese Worte vernommen - wie selbstverständlich bleiben Rechtsprobleme von Frauen etwa durch die Regelung der gemeinsamen Obsorge oder säumige Kindesunterhaltszahlungen von Männern unerwähnt. Auch Mord und Totschlag an Frauen und Kindern, ausgeübt durch Männer, medial noch immer herabgewürdigt als "Familientragödie" – alles kein Thema im Einstandsstatement. Dafür ein klares Bekenntnis zur Benachteiligung von Männern – der Vorsitzende der österreichischen FamilienrichterInnen wird sich freuen, sein Vorschlag gewalttätigen Vätern nach der Scheidung die gemeinsame Obsorge zuzusprechen, hat wohl gute Chancen.

Die nötige Gender-Kompetenz mit dem Wissen um Geschlechterkonstruktionen und geschlechtshierarchische Herrschaftsformen ist für die Formulierung von Gleichstellungszielen und Umsetzung der Gleichstellungspolitik unumgänglich.

Denkanstoß

Für Ministerin Miklautsch und den ORF hier ein Auszug aus der Rahmenstrategie der Gemeinschaft zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern (2001-2005) zum besseren Verständnis von Gender Mainstreaming: "Zwar hat sich die Situation der Frauen in der EU bereits erheblich verbessert, doch wird die Gleichstellung der Geschlechter im täglichen Leben nach wie vor dadurch unterminiert, daß Frauen und Männer in der Praxis nicht die gleichen Rechte genießen. Unter anderem zeugen die Unterrepräsentation der Frauen wie auch die Gewalt gegen Frauen von nach wie vor bestehenden strukturellen Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern."