Barbara Prammer: "Die Selbstbestimmung von Frauen geht weit über das Thema Schwangerschafts-
abbruch hinaus."
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Wien - Anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Fristenregelung wies die zweite Nationalratspräsidentin und SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Barbara Prammer auf die mangelnde Umsetzung des Gesetzes hin: "Es ist wenig zufrieden stellend, dass vor allem im Westen des Landes noch immer keine Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Krankenhäusern durchgeführt werden können", erklärte Prammer am Samstag in ihrer .

Im Rahmen der Eröffnungsrede zur SPÖ-Frauen-Enquete anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Fristenregelung forderte sie unter anderem Aufklärungskampagnen in Schulen, Gratisverhütungsmittel wie die Pille auf "Krankenschein" und faire Bedingungen für Frauen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden.

Den Ausklang bildete eine Podiumsdiskussion mit Barbara Prammer, Christian Fiala, Leiter des Ambulatoriums Gynmed, Irmtraut Karlsson, ehemalige Bundesfrauensekretärin der SPÖ und Magorzata Perkowska, Mitarbeiterin im polnischen Büro für Gleichbehandlungsfragen.

Prammer: Mit Erreichtem nicht zufriedengeben

Sie, so Prammer, sei froh über die Situation, wie sie jetzt bestehe. "Wir müssen sichern, was besteht, dürfen uns damit aber nicht zufrieden geben." Bei einer im Auftrag der SPÖ-Frauen durchgeführten Befragung im letzten Jahr sprachen sich auch 80 Prozent der befragten Frauen im Alter von 18-40 Jahren für die Beibehaltung der Gesetzeslage aus.

Die Entscheidung zu einem Schwangerschaftsabbruch mache sich keine Frau leicht, so Prammer weiter. Präventive Maßnahmen und Informationskampagnen zu dem Thema müssten in den Schulen forciert werden. Wichtig sei auch Rahmenbedingungen zu schaffen, die Frauen ein eigenständiges und ökonomisch unabhängiges Leben ermöglichen. Die Frage, ob eine Frau mit oder ohne Kinder leben möchte, müsse auch den Frauen allein überlassen werden.

Mittelalterliche Positionen

Karlsson erinnerte an die historische Entwicklung und den mühsamen Weg, der letztendlich zur Durchsetzung der Fristenlösung führte. "Doch bei der Umsetzung hat es von Anfang an gehapert", kritisierte Karlsson. Auch in der Frage der Empfängnisverhütung und in der Forschung habe es keine großartige Entwicklung gegeben. "Es gibt bis heute keine einfache und billige Methode. Was die Frage der Verfügbarkeit über den weiblichen Körper anbelangt, sind wir im Mittelalter stehen geblieben." Der Bauch und die Gebärmutter gehören den Frauen und nicht dem Gynäkologen, dem Ehemann oder der Krankenkasse. Karlsson: "Wenn Männer menstruieren könnten, würde die Entwicklung wohl ganz anders aussehen."

Teurer Schwangerschaftsabbruch

Fiala kritisierte, dass sich in der öffentlichen Diskussion über Schwangerschaftsabbrüche hauptsächlich beruflich unerfahrene und persönlich nicht betroffene Menschen zu Wort melden würden. So würden Phantasien fern ab der Realität entstehen. Kritik übte Fiala auch daran, dass, außerhalb von Wien kaum ÄrztInnen einen Schwangerschaftsabbruch durchführen würden. Der Abbruch würde auch bis zu 1.000 Euro kosten, demonstrierte Fiala die Situation in Österreich. "Es ist absolut inakzeptabel, dass Frauen im Westen ausgegrenzt und zum Abtreibungstourismus gezwungen werden." Fiala forderte unter anderem die freie Wahl der Methode des Abbruchs. In der Gynäkologie sei die Küretage noch immer die häufigste Methode, so Fiala, der die Vorteile des medikamentösen Abbruchs mit Mifegyne demonstrierte.

Schutzzonen einrichten

Konsens am Podium herrschte auch in der Forderung, vor Kliniken, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen, Schutzzonen einzurichten. Fiala: "Es ist skandalös, dass Frauen wie Freiwild behandelt werden." Perkowska erläuterte die Situation in Polen, die durch die Einführung des Anti-Abtreibungs-Gesetzes viele Frauen in die Illegalität gezwungen habe, was oft schwere gesundheitliche Folgen für Frauen bedeutete. (red)