Wien - Eigentlich gibt es nur zwei Möglichkeiten, über ein sperriges Thema wie "gender medicine" zu schreiben: Entweder wissenschaftlich korrekt, aber langweilig - oder locker-flockig, dann leidet allzu oft die wissenschaftliche Korrektheit. Und dann gibt es noch Gabriele Fischer: Die Wiener Universitätsprofessorin für Psychiatrie und Neurologie hat ein Fachbuch und einen Ratgeber gleichzeitig geschrieben, und er ist sowohl unterhaltsam als auch hoch seriös. "Warum Frauen gesünder leben & Männer früher sterben", lautet der Titel.

Das Vorwort hat Starkoch Toni Mörwald geschrieben - und das ist nicht die einzige Überraschung. Denn obwohl es um "geschlechtsbezogene Krankheitsbilder" geht, ist es ein lebensbejahendes, fröhliches Buch mit ästhetischen Bildern und Kapiteln wie: "Lust und Liebe", "Speis und Trank" oder "Active Aging".

Die Begründung, warum "gender medicine", also eine Medizin, die auf die Unterschiedlichkeit von Frauen und Männern eingeht, notwendiger denn je ist, wird methodisch geliefert. So ist, wie vieles andere, auch das Körperbewusstsein von Mann und Frau rollenspezifisch überliefert. Für Männer hat "Gesundsein" mit Leistungsfähigkeit zu tun, für Frauen zählt "auch das psychische und soziale Wohlbefinden" zum Gesundsein.

Dazu kommt noch, dass Frauen (traditionell) auch die "Gesundheitsmanagerinnen" ihrer Familien sind. Und Männer müssen, schreibt die Mutter dreier Söhne verständnisvoll, "vor allem in jungen Jahren häufig übertreiben" - Hormone, Rollenbilder und Freunde mixen einen explosiven Cocktail, der oft alles andere als gesund ist.

Dennoch, und auch das benennt die Autorin klar, ist die Medizin noch immer überwiegend eine "Männer-Medizin". Das führt häufig zu falschen Schwerpunktsetzungen: Das Forschungsthema "Herzinfarkte bei Frauen" wurde beispielsweise stark vernachlässigt, obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen auch bei Frauen häufigste Todesursache sind. Medikamente wirken bei Frauen anders als bei Männern, und auch Suchtverläufe sind verschieden. Alkoholismus (der generell enorm ansteigt) verläuft bei Frauen geheimer und selbstzerstörerischer als bei Männern.

Dass am Ende auch noch die Frage beantwortet wird, ob Männer nun Hypochonder sind oder nicht, rundet das Buch humorvoll ab. Wen's interessiert: Ja, das sind sie - aber das hat Gründe! (DER STANDARD, Print, 4.3.2005)