In der Pharmabranche ist die Lohnschere mit am geringsten.

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Die Schere zwischen den Gehältern von Männern und Frauen hat weniger mit dem Beruf, als vielmehr mit dem Geschlecht zu tun - zu dieser Erkenntnis gelangt die New York Times in dem Artikel Pay Gap Is Because of Gender, Not Jobs.

Der Text von Claire Cain Miller steht einer gern getanen Behauptung republikanischer PoltikerInnen entgegen, in deren Augen die Gehaltsschere einfach der unterschiedlichen Berufswahl geschuldet sei. Frauen wären demnach selbst verantwortlich für ihre niedrige Bezahlung, weil sie eben zum Beispiel lieber als Sozialarbeiterin, denn als Ingenieurin arbeiten würden. Aus diesem Grund hatten sich die RepublikanerInnen Anfang des Monats gegen ein Gesetz gestellt, das die Lücke zwischen den Einkommen hätte schließen sollen.

Vor allem in hochbezahlten Jobs

Claire Cain Miller stellt dem Daten gegenüber, wie sie die Harvard-Professorin und Nationalökonomin Claudia Goldin erhoben hat. Demnach entstehen die Einkommensungleichheiten vor allem innerhalb von Berufsgruppen - und hier vor allem bei hochbezahlten Beschäftigungen, etwa im ärztlichen oder juristischen Bereich.

“Es gibt diesen Glauben, dass Frauen einfach nur die falschen Berufe haben, und wenn wir sie in bessere stecken würden, hätten wir das Problem der Gehaltsschere gelöst. Aber das stimmt einfach nicht", zitiert die NYT dazu Claudia Goldin. Würden Frauen in höher bezahlten Tätigkeiten arbeiten, wären nur 15 Prozent der Lücke geschlossen, bezieht man in die Berechnungen alle Berufstätigen ein - sieht man sich nur die AkademikerInnen an, wären es zwischen 30 und 35 Prozent.

Bei den ÄrztInnen und ChirurgInnen zum Beispiel, verdienten Frauen nämlich nur 71 Prozent dessen, was Männer für ihre Arbeit bekommen. Bei FinanzexpertInnen kommen Frauen gar auf nur 66 Prozent. Andere Berufsgruppen hingegen, etwa im Bereich der Personalabteilung, hätten die Lücke geschlossen.

Flexibilität ist die Lösung

Den Unterschied machen laut Goldin keine Anti-Diskriminierungs-Gesetze, nicht die Einbindung der Männer in die Hausarbeit oder die Förderung des Verhandlungstalentes von Frauen. Statt dessen, sagt sie, käme es auf die Flexibilität von Zeit und Ort an. In The American Economic Review hatte sie geschrieben, die Lohnschere würde sich minimieren oder gar ganz verschwinden, wenn Firmen nicht länger einen Anreiz hätten, Individuen überproportional dafür zu honorieren, besonders viel zu arbeiteten.

Als Gegenbeispiel nennt Goldin die Pharmabranche: Hier verdient ein/e PharmazeutIn, der/die 40 Stunden pro Woche arbeitet, das Doppelte als ein/e PharmazeutIn, der/die 20 Stunden arbeitet. Die Gehaltsschere sei hier eine der kleinsten.

Ursache dafür seien Veränderung hin zu größeren Unternehmen und zu Computern, die allen ApothekerInnen dieselbe Information zugänglich machten. So könnten die ArbeitnehmerInnen sich leichter gegenseitig ersetzen. Die Anwesenheit einer bestimmten Person ist nicht mehr unerlässlich, muss also nicht zusätzlich honoriert werden.

Was alle von Goldin erhobenen Daten zeigen, ist, dass Frauen mit Kindern diejenigen sind, die Flexibilität wünschen, um in der Ferne oder zu ungewöhnlichen Zeiten arbeiten zu können. Und, so folgert die Autorin der NYT: Arbeitsplätze würden sich womöglich schneller wandeln, wenn auch Männer dem mehr Wert beimessen würden. (hein, dieStandard.at, 24.4.2014)