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Zigausende junge Spanierinnen protestieren seit Monaten gegen die geplante Änderung der Abtreibungsgesetze.

Foto: Reuters/JAVIER BARBANCHO

Es ist ein bewährter Polittrick: Im Madrider Parlament wird eines der EU-weit restriktivsten Gesetze in puncto Abtreibung just zur Schlussphase der Fußball-WM in Brasilien diskutiert. Wie El País aus Kreisen des Justizministeriums in Erfahrung brachte, soll die umstrittene Fristenlösung vor Jahresende in Kraft treten.

Noch darf man ab dem 16. Lebensjahr ohne elterliches Einverständnis bis zur 14. Woche (22. Woche bei gesundheitlichen Risiken für die werdende Mutter) abtreiben lassen. Geht es nach Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón - verheiratet mit der Tochter eines Ministers unter Ex-Diktator Francisco Franco und Vater von vier Kindern -, wird ein Schwangerschaftsabbruch nur noch in Ausnahmefällen erlaubt sein: nach Vergewaltigung oder bei schwerwiegender Gefährdung der mentalen oder körperlichen Gesundheit für die Mutter.

In beiden Extremfällen wären mehrere unabhängige medizinische und psychologische Gutachten unabdingbar. Die Missbildung des Fötus wird auf Druck der Pro-Life-Gruppen und der Kirche kein Anlass mehr für den Eingriff sein.

Aktuelle Umfragen von Metroscopia belegen, dass die überwiegende Mehrheit der jungen Spanier für eine Beibehaltung der derzeitigen Fristenlösung ist. Nur acht Prozent befürworten eine Verschärfung à la Gallardón.

Abertausende Spanierinnen demonstrieren seit Monaten unter dem Motto "Mein Körper, meine Rechte" gegen die Pläne. Kreative Protestform ist es, den eigenen Körper behördlich als "persönliches Eigentum" einzutragen - als wäre dieser eine Immobilie.

Kritik äußerten auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Ärzteschaft: Sie fürchten einen Anstieg der Todesfälle durch illegal durchgeführte Abtreibungen, deren Zahl sie nach der Reform auf etwa 50.000 jährlich schätzen. Derzeit entschließen sich rund 113.000 Frauen in Spanien für den Abbruch. (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, 10.5.2014)