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Zu dem Treffen der "interreligiösen Dialogplattform" entsandte keine einzige der 16 Religionsgemeinschaften ein Frau.

Foto: APA/DRAGAN TATIC

Dudu Kücükgöl: Noch immer werden Männer nach vorne gebeten, während Frauen von leitenden Positionen und repräsentativen Rollen ferngehalten werden.

Foto: Ijad Neirukh

Am Mittwoch fand das erste Treffen der "interreligiösen Dialogplattform" im Außen- und Integrationsministerium statt. Initiert von Minister Sebastian Kurz ist ihr Ziel, "Vorschläge für ein besseres Zusammenleben in Österreich aber, auch Möglichkeiten zur Förderung der Religionsfreiheit auf internationaler Ebene zu erarbeiten". Die Vertreter aller in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften, 16 Männer, und der Minister haben daran teilgenommen. Als wäre diese Tatsache alleine nicht schlimm genug, wurde in Berichten und sozialen Medien ein Foto verbreitet: 16 ältere Männer und der Bundesminister.

Für mich als religiöse Frau ist dieses Foto in vielerlei Hinsicht ein Armutszeugnis.

Erstens ist es ein Armutszeugnis für alle Religionsgemeinschaften, von den zwölf christlichen Kirchen bis zur islamischen, israelitischen, alevitischen und buddhistischen Glaubensgemeinschaft. Sie beweisen damit, dass sie mindestens die Hälfte ihrer AnhängerInnen verdrängen und verleugnen. Viele der in diesen Glaubensgemeinschaften ehrenamtlich Aktiven sind Frauen. Sie arbeiten tagtäglich für ein besseres Zusammenleben aller Menschen in Österreich, sie leisten tolle Arbeit, und viele von ihnen kenne ich.

Keine Anerkennung, keine Würdigung

Sei es in der katholischen, in der evangelischen oder in der muslimischen Community: Frauen opfern ihre Zeit und Energie für das Wohl anderer, kümmern sich um ihre Mitmenschen, leisten soziale und gesellschaftlich notwendige Arbeit. Sie sind Trägerinnen von Leistung und bekommen dafür nicht die verdiente Anerkennung und Würdigung. Nach vorne gebeten werden leider noch immer die Männer, während Frauen von leitenden Positionen und repräsentativen Rollen ferngehalten werden.

Zweitens ist es auch ein schlechtes Zeugnis der Arbeit der PR-Abteilungen dieser Glaubensgemeinschaften, die sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, einige Alibi-Frauen aufzustellen. Spätestens beim Gruppenfoto hätte doch zumindest einer oder einem der Pressereferenten einfallen können, dass der Öffentlichkeit keine reinen Männermannschaften mehr zuzumuten sind. Es ist ärgerlich, dass nicht einmal die Anstrengung da ist, diesen Missstand zu verstecken. Noch ärgerlicher, dass das Fehlen von Frauen offensichtlich nicht einmal negativ auffällt. Das Foto ist ein Sinnbild der männlichen Hegemonie, in der sich die mächtigen Herren so wohlfühlen: Sie merken dabei leider nicht, dass sie damit ihre Gemeinschaften und Religionen veraltet aussehen lassen.

Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Positiv möchte ich dennoch eine kleine, aber bedeutende Geste von Kardinal Schönborn hervorheben, die von einem gewissen Bewusstsein zeugt: In der Pressekonferenz zur Veranstaltung sprach er als Einziger Anliegen von Frauen an, zitierte eine Frau, gab ihren Worten Platz und wies damit auch auf den Beitrag von Frauen hin – zumindest ein Tropfen auf dem heißen Stein.

Dies ist aber nicht genug. Ich wehre mich dagegen, dass Männer alleine Religionen repräsentieren dürfen, den Diskurs prägen und Frauen so einfach ausschließen und verdrängen. Als Muslimin und Feministin, die sich für eine gleiche Teilhabe von Frauen auf allen Ebenen einsetzt, wehre ich mich gegen das frauenfeindliche, verstaubte Image von Religionen, das die Männer uns zumuten. Wenn die unterschiedlichen Religionsgemeinschaften überhaupt Interesse daran haben, auch nur annähernd zeitgemäß, sympathisch oder mehrheitsfähig zu wirken, müssen sie Frauen in die vorderste Reihe lassen und ihnen ihren Anteil an Repräsentation und Einfluss zugestehen.

Anteil an Macht und Repräsentation

Auch an die Politik habe ich einen Wunsch: Natürlich kann das Ministerium sich nicht einmischen, wer von den Religionsgemeinschaften entsandt wird, aber es kann auf diese Schieflage zumindest aufmerksam machen. In den angedachten Arbeitsgruppen wünsche ich mir, dass Frauen gleichermaßen eingebunden werden und ihre Anliegen und Ansichten zum Thema Religionsfreiheit genauso Anklang finden.

Aktive Frauen in den Gemeinschaften dürfen nicht länger von Macht und Repräsentation ausgeschlossen werden, sie müssen ihren Anteil und ihren Platz noch stärker einfordern. (Dudu Kücükgöl, dieStandard.at, 30.5.2014)