Als vor zweieinhalb Jahren die Töchter Einzug in die österreichische Bundeshymne gefunden haben, war mir das – gelinde gesagt – ziemlich egal. Ich habe den Parlamentsbeschluss als eine nette Initiative empfunden und mir gedacht: gut, heute die Hymne und morgen dann der längst überfällige gleiche Lohn für gleichwertige Arbeit. Über die Debatte um das ewige Mitmeinen von Mädchen und Frauen, wenn in der Sprache nur Männer erwähnt werden, kann frau ja eigentlich nur mehr gähnen. Doch die Hymne hat sehr wohl eine Symbolwirkung, und nachdem sie von drei Parlamentsparteien geändert wurde, sollte doch eigentlich fürs Erste alles erledigt sein. Wäre da nicht ein respektloser Schlagersänger, der mit einer Dreistigkeit die Entscheidungen der VolksvertreterInnen missachtet und nebenbei noch ganz freundlich erklärt, wie er findet, dass die "Damenwelt" respektiert werden soll. Mit seinem Verhalten, das mit Kunst und Kultur nichts mehr zu tun hat, hat er ein Politikum ins Rollen gebracht, in dem es gar nicht mehr um "unser" Lied geht. Es geht um Missachtung von Frauen.

Harmloses Foto, viel Wut

Frauenministerin Heinisch-Hosek hat das getan, was wir uns von einer Frauenministerin erwarten. Sie hat sich zu Wort gemeldet und damit jenen Frauen den Rücken gestärkt, die das Fehlverhalten politisch thematisiert haben. Und sie hat versucht, den hunderttausenden österreichischen Töchtern zu zeigen, dass es eine Politikerin gibt, die sich für ihre Interessen starkmacht. Ein harmloses Foto auf Facebook hat tausende Menschen so wütend gemacht, dass sie Angst verbreiten wollen und auf ekelhafteste Weise auf ein Mitglied der österreichischen Bundesregierung losgehen. Damit wird die Ministerin zum Symbol, das erklärt, warum die Töchter in die Hymne gehören, und die ganze Geschichte zeigt uns, dass wir ein Problem haben. Gibt es nichts Dringenderes zu diskutieren als das Wort "Töchter"? Offensichtlich nicht: 51 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind Mädchen und Frauen.

Mädchen und Frauen stehen auf den Schultern von Vorkämpferinnen, die für die Rechte der 51 Prozent lange gekämpft haben, und wir sind bei weitem noch nicht am Ziel angekommen. Noch immer verdienen Frauen knapp ein Viertel weniger als Männer, Alltagssexismus kennt jede, völliges Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper – schön wär‘s! Und noch immer ist circa jede Fünfte von häuslicher Gewalt betroffen. Anscheinend gibt es aber Menschen in Österreich, die tatsächlich nicht damit leben können, dass Mädchen und Frauen sich entfalten und ihre Umwelt aktiv mitgestalten. Bei so viel Misogynie, wie wir sie in den letzten Tagen beobachten konnten, könnte frau fast Angst bekommen.

Die Welt dreht sich weiter

Die Botschaft ist recht klar: Bist du eine Frau, bezieh besser keine Stellung, misch dich nicht ein, sonst wirst du in die Schranken gewiesen, und wenn du nicht spurst, dann werden wir eben aggressiv. Diesen Ewiggestrigen müssen wir – Töchter und Söhne gemeinsam – zeigen, dass es Grenzen gibt, die zu respektieren sind. Sie müssen sich daran gewöhnen, dass die Welt sich weiterdreht und Österreichs Töchter sich von ein paar zornigen Frauenhassern nicht einschüchtern lassen. Keine ist alleine, und wir lassen uns bestimmt nicht mundtot machen. Wir wissen, dass wir stärker als sie sind, wenn wir zusammenhalten. Uns kann man nicht mehr in Sprache und Symbolen ausblenden. Wir werden die Gesellschaft weiter Stück für Stück erobern und unsere Plätze einnehmen. Wir sind die Töchter, findet euch damit ab. (Laura Schoch, dieStandard.at, 2.7.2014)