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Das Unternehmen Hobby Lobby verkauft Bastelbedarf und ist im Besitz der christlichen Familie Green.

Foto: AP Photo/Sue Ogrocki, File

Die Familie Green, Eigentümer der Bastelbedarf-Firma Hobby Lobby. Firmengründer und Familienvater David Green ist in der Bildmitte im rosa Hemd zu sehen.

John Oliver in seiner Late-Night-Show über den Hobby-Lobby-Fall.

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Protest vor der Hobby Lobby Entscheidung vor dem US Supreme Court in Washington.

Foto: EPA/JIM LO SCALZO

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Unterstützer von Hobby Lobby feierten die Entscheidung des Höchstgerichts.

Foto: EPA/JIM LO SCALZO

Nun ist die Gesundheitsreform in den USA zwar in Kraft, aber Details und Umsetzung sind oft noch Verhandlungssache - im wahrsten Sinne des Wortes. Die jüngste Entwicklung betrifft die Frage, ob private Firmen die Kosten für Verhütungsmittel ihrer Beschäftigten tragen müssen. Das mag für Nicht-US-Amerikaner zunächst absurd klingen, aber in den USA versichert oft der Arbeitgeber selbst seine Mitarbeiter.

Der 2010 beschlossene Affordable Care Act sieht vor, dass Unternehmen, die die Krankenversicherung ihrer Angestellten übernehmen auch die Kosten für Verhütungsmittel tragen. Gegen diese Bestimmung haben mehrere Unternehmen geklagt.

Anfang vergangener Woche hat nun der Oberste Gerichtshof in den USA im sogenannten Hobby-Lobby-Fall entschieden. Das Gericht legte fest, dass private Unternehmen bestimmte Vorgaben der Gesundheitsversicherung nicht erfüllen müssen, wenn diese ihren religiösen Überzeugungen zuwider laufen. Die Grundannahme dahinter: religiöse Grundrechte gelten auch für Unternehmen.

Unternehmen nach biblischen Prinzipien führen

Die Unternehmenskette Hobby Lobby bietet Bastelbedarf an, betreibt in den USA 576 Filialen, beschäftigt insgesamt rund 21.000 Mitarbeiter und hatte laut Forbes im Jahr 2011 einen Umsatz von 2,2 Milliarden US-Dollar verbucht.

Wichtiger als der unternehmerische Erfolg von Hobby Lobby ist im aktuellen Fall aber die religiöse Überzeugung des Eigentümers. David Green, der Anfang der 1970er Jahre mit der Öffnung der ersten Filiale den Grundstein für das Familiengeschäft legte, ist ein streng gläubiger Christ und Anhänger der Pfingstbewegung, in deren Glauben das Werk des Heiligen Geistes eine zentrale Stellung einnimmt. Green gibt an, sein Unternehmen nach rein biblischen Prinzipien zu führen.

Am Sonntag geschlossen

Hobby Lobby hat beispielsweise sonntags geschlossen, damit die Angestellten mehr Zeit für Gottesdienst und ihre Familien haben. Das Unternehmen hat gegen die Vorgaben des Affordable Care Act geklagt. Es weigerte sich bestimmte Verhütungsmittel in ihre Gesundheitsvorsorge zu übernehmen, zum Beispiel die "Pille danach“ oder die Spirale.

Der Klage von Hobby Lobby wurde gemeinsam mit der Klage von Congestoga Wood Specialities verhandelt, einer Firma mit rund 1.200 Mitarbeitern, die Holztüren oder Holzbestandteile für Küchen oder Bäder liefert. Eigentümer der Möbelfirma Congesta ist die Familie Hahn, die nach mennonitischen Glaubensgrundsätzen lebt. Auch für sie ist die Vorstellung, Verhütungsmittel in die Gesundheitsversicherung ihrer Angestellten aufzunehmen, sündhaft und unmoralisch.

"Zugang zu Verhütungsmitteln verweigern"

Die Entscheidung war knapp, fünf der insgesamt neun Höchstrichter waren dafür. Richterin Ruth Bader Ginsburg vertrat die Position, dass privaten Unternehmen keine Ausnahme gestattet werden sollte. In ihrer veröffentlichten Gegenmeinung ist unter anderem zu lesen: "Diese von Hobby Lobby und Congesta angestrebte Ausnahme wird Heerscharen von Frauen, die nicht die religiösen Überzeugungen ihrer Arbeitgeber teilen, den Zugang zu Verhütungsmitteln verweigern."

Staat statt Privat

Die Folgen der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes privaten Unternehmen religiöse Grundrechte zuzugestehen, wird aktuell diskutiert. In der L.A. Times argumentiert Michael Hilzik, dass der Hobby Lobby Fall zeige, dass die USA auf ein sogenanntes Single-Payer-System für die Finanzierung des Gesundheitsversorgung umstellen solle. Grob gesagt, würde ein solches System bedeuten, dass die Regierung und nicht private Versicherer die Kosten der Gesundheitsversorgung übernimmt.

Schon im Jänner fragte Ezra Klein in der Washington Post, ob die USA nicht zu korrupt für ein Single-Payer-System wären. Eine eindeutige Antwort gab er nicht. Er zitierte aus einem Gespräch mit Uwe Reinhardt, Professor der Princeton University und Experte auf dem Gebiet der Gesundheitspolitik. Reinhard argumentiert, dass das politische System in den USA zu sehr von unterschiedlichen Interessen beeinflussbar wäre und damit auch das Gesundheitssystem - auch wenn es offiziell vom Staat gesteuert würde - von Lobbyinteressen geprägt sein könnte.

Löchriger Versicherungsschutz

Kritiker der Hobby Lobby Entscheidung monieren, dass nun der Versicherungsschutz eines Beschäftigten abhängig vom jeweiligen Glaubenssystem des Arbeitgebers sei und die Gesundheitsversorgung dadurch löchrig werden könne. Die Befürworter hingegen feierten den Schiedsspruch als wichtige Grundsatzentscheidung für religiöse Grundrechte. Das Höchstgericht habe damit entschieden, dass US-Bürger ihre Religionsfreiheit nicht einschränken müssen, wenn sie ein privates Unternehmen führen.

Auch im Netz formieren sich bereits Gegner und Befürworter der Hobby-Lobby-Entscheidung. Die Facebook Seite Hobby Lobby Boycott hat aktuell mehr als 17.000 Mitglieder. Die Unterstützer des Höchstentscheids stehen bei fast 50.000 "Gefällt mir"-Angaben. (mka, derStandard.at, 7.7.2014)