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Nicht Religion und nicht Politik sind ihr Motivation - es ist die Nächstenliebe: Ute Bock.

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Es gibt ein grobes Missverhältnis im Leben der Ute Bock. Es besteht zwischen ihrer Bekanntheit und den Mitteln und Möglichkeiten, die sie als Flüchtlingshelferin zur Verfügung hat. Bock ist bekannt wie ein bunter Hund, namensgebend für Kampagnen, Konzerte und Fußballcups. Doch ihr Verein ist bis heute vollständig auf private Spenden angewiesen. Kein einflussreicher Politiker und keine Politikerin hat sich je offen hinter sie gestellt.

Grauhaarig und meist gewandet in Strickjacke, ist die Bock die Antithese zum eitlen Charity-Zirkus, wie er alle Jahre wieder stattfindet. Die Hautevolee der Hilfsbereitschaft ist ihr fremd; sie rühmt nicht ihre Humanität, sie handelt. Lebt den Alltag mit Flüchtlingen, Asylwerbern und jenen, die die Gesellschaft abgeschrieben hat. Mit den "armen Teufeln", wie sie sie nennt. Wer in Wien nicht mehr weiß, wohin - bei Frau Bock findet er ein offenes Ohr.

Die Pension fließt in den Verein

Geboren wird Ute Bock 1942 in Linz, ihr Vater ist Ingenieur und Nazi-Sympathisant, die Mutter eine stille Deutsche. Die Familie zieht bald nach Wien, Ute lässt sich nach der Matura zur Erzieherin ausbilden und arbeitet ab 1969 im Gesellenheim in der Zohmanngasse im 10. Bezirk. Seit ihrer Pensionierung im Jahr 2002 betreibt sie dort eine private Unterkunft für obdachlose Asylwerber, die nicht mehr weiter wissen.

Wo andere Berührungsängste haben, schaut sie hin, packt sie an. Bis heute steckt die 72-Jährige ihre schmale Pension in ihr Flüchtlingsprojekt, arbeitet rastlos und nicht selten nächtelang, lebt in einer spartanischen Wohnung in ihrem Flüchtlingsheim. Sie sammelt Spenden, bietet gestrandeten Asylwerbern Obdach, versorgt sie mit dem Nötigsten, berät juristisch, vermittelt Sprachkurse.

"Operation Spring" als Zäsur

Der Zusammenbruch kommt im Dezember 2013: Ute Bock wird mit der Diagnose Schlaganfall ins Spital eingeliefert. In den Monaten danach erholt sie sich langsam und kann im Mai 2014 im Rollstuhl an ihren Schreibtisch in die Zohmanngasse zurückkehren. Sie konnte es kaum mehr erwarten.

Die politische Zäsur im Leben der Ute Bock hat Jahre zuvor stattgefunden: Im September 1999 dringt im Zuge der umstrittenen "Operation Spring" ein Sonderkommando der WEGA in das Wohnheim in der Zohmanngasse ein und nimmt etwa 30 junge Afrikaner mit. Der Verdacht lautet auf Drogenhandel. Viele von ihnen werden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt - trotz extrem fragwürdiger Ermittlungsmethoden. Vorangegangen war der "Operation Spring" eine Medienkampagne gegen angebliche afrikanische Drogenbanden vor allem durch die Kronen Zeitung.

Wissen, mit wem man es zu tun hat

Spätestens seit damals ist Ute Bock hierzulande ein Begriff. "Und seit damals weiß sie, mit wem sie es zu tun hat", sagt die Ö1-Journalistin Cornelia Krebs, die Ute Bock 2010 für ihr Buch porträtiert hat. Doch es gelingt Ute Bock, vieles mit Humor zu nehmen - auch die Kritik an ihr. "Sie nimmt den Dingen damit die Spitze", sagt Krebs.

So wenig die Menschen, mit denen Frau Bock zu tun hat, manchmal Deutsch verstehen - ihren Schmäh versteht jeder. Was die Flüchtlingshelferin antreibt, ist weder Religion noch eine politische Idee. "Sie kann es nicht aushalten, wenn es anderen Menschen schlecht geht", sagt Krebs. Ganz einfach. (Lisa Mayr, DER STANDARD, 10.7.2014)