Bagdad - Mit einer furchtbaren Nachricht aus dem Irak ließ am Donnerstag die Uno aufhorchen: Die Jihadisten der Terrorgruppe IS (Islamischer Staat) will die Genitalien von Frauen und Mädchen in den von ihnen beherrschten Teilen des Irak und Syriens verstümmeln lassen. Dies meldete die UN-Vertreterin und Koordinatorin der humanitären Hilfe in Erbil im kurdischen Nordirak, Jacqueline Badcock. Von dem verbrecherischen Vorhaben wären rund vier Millionen Frauen betroffen.

Die IS kontrolliert Teile im Norden Syriens und des Nord- und Westirak. Diese "Fatwa", die im Namen des selbsternannten "Kalifen" Abu Bakr al-Baghdadi, eigentlich Ibrahim Awad al-Badri, erlassen wurde, wäre "etwas sehr Neues für den Irak, speziell in dieser Gegend und ist sehr besorgniserregend", so Badcock. "Dies ist nicht der Wille des irakischen Volkes, und auch nicht der Frauen des Irak, die in den von den Terroristen kontrollierten Gegenden leben", sagte die UN-Koordinatorin.

Verbot der Genitalverstümmelung erst 2011

Allerdings ist es traurige Tatsache, dass FGM (Female Genital Mutilation) früher in den irakischen Kurdengebieten, also auch im Gebiet bei Mossul, wo sich Abu Bakr al-Baghdadi aufhält, weit verbreitet war. Erst 2011 wurde sie vom Parlament der kurdischen Regionalregierung verboten, sie ist jedoch längst nicht ausgerottet. Laut einer Studie sind acht Prozent der irakischen Frauen - in unterschiedlichem Ausmaß - beschnitten, die meisten davon leben in den drei kurdischen Provinzen.

Seitens der IS gab es vorerst weder eine Stellungnahme noch eine Bestätigung für die Angaben der Uno. Diese will ihre Hinweise nun aber offenbar nochmals überprüfen. Die deutsche NGO Wadi veröffentlichte allerdings auf ihrer Homepage ein entsprechendes Dokument. Demnach sollten alle muslimischen Frauen die Beschneidung akzeptieren, sie aber "nicht übertreiben". Der Prophet Mohammed habe das empfohlen.

Im Irak hat sich kurz vor Ende des Ramadans die Sicherheitslage weiter verschärft. Bei einem Angriff auf einen Gefangenentransport im Irak sind am Donnerstag mindestens 60 Menschen getötet worden. Wie die Polizei mitteilte, überfielen Selbstmordattentäter und Bewaffnete einen Bus, in dem Häftlinge eines Gefängnisses nördlich von Bagdad saßen. Am Mittwoch starben bei einem Attentat im schiitischen Viertel al-Kadhimiya in Bagdad Dutzende Menschen. Auch Kämpfe zwischen IS und durch Milizen verstärkte Sicherheitskräfte forderten wieder viele Tote.

Präsident Fuad Massum

Dennoch gibt es Fortschritte im politischen Prozess, der nach den Parlamentswahlen Ende April zu einer neuen Regierungsbildung führen soll. Am Donnerstag wurde der Kurdenpolitiker Fuad Massum im Parlament in Bagdad zum Nachfolger von Jalal Talabani, der seit 2005 irakischer Staatspräsident war, gewählt. Wie Talabani stammt Massum aus der PUK (Patriotische Union Kurdistans). Er hatte sich am Mittwoch bei einer internen kurdischen Wahl gegen einen zweiten Kandidaten, Barham Salih, durchgesetzt.

Vor zehn Tagen war der Sunnit Salim al-Jaburi zum Parlamentspräsidenten gewählt worden. Die Wahl des Staatspräsidenten erfolgte nun verfassungsgemäß innerhalb eines Monats. Innerhalb von 14 Tagen sollten sich nun die Parteien auf jemanden einigen, den der neue Staatspräsident dann zum Premier designiert und mit der Regierungsbildung beauftragt. Premier Nuri al-Maliki, seit 2006 im Amt, stößt auf breite Ablehnung, erhält aber aufgrund seines Wahlsiegs seinen Anspruch auf den Posten des Regierungschefs weiter aufrecht. Es gibt jedoch Gerüchte, dass mittlerweile auch der Iran ihm rät, einem anderen schiitischen Kandidaten den Vortritt zu lassen.

Am Donnerstag kam der Generalsekretär der Vereinten Nationen Ban Ki-moon zu Gesprächen mit Maliki und anderen Politikern nach Bagdad. (Reuters, guha, DER STANDARD, 25.7.2014)