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Mit der Konvention werden auch Telefon-Hotlines für von Gewalt betroffenen Frauen verpflichtend.

Foto: APA/dpa/Friso Gentsch

Wien - Jede zehnte Europäerin hat seit ihrem 15. Lebensjahr eine Form von sexueller Gewalt erfahren, jede Zwanzigste wurde vergewaltigt und jede fünfte Frau in Europa hat körperliche oder sexuelle Gewalt im häuslichen Umfeld erfahren. Mit der am 1. August in Kraft tretenden Europaratskonvention ("Istanbulkonvention") sollen diese Menschenrechtsverletzungen nun staatenübergreifend eingedämmt werden.

"Das ist ein wichtiger Tag, denn diese Konvention ist das bisher umfassendste Werk, das Frauen und Kinder vor Gewalt schützen soll, damit sie ein selbstbestimmtes Leben führen können", sagte SPÖ-Frauensprecherin Gisela Wurm bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien. Die Vertragsstaaten verpflichten sich erstmals zu konkreten Maßnahmen zur Bekämpfung aller Formen von Gewalt an Frauen.

Hilfsdienste verpflichtend

Neben der Gewaltprävention, dem Gewaltschutz, der Strafverfolgung gewalttätiger Personen und einem begleitenden Monitoring, müssen Hilfsdienste wie etwa Telefon-Hotlines und Notunterkünfte eingerichtet werden. Weiters werden im Vertrag unterschiedliche Formen von Gewalt (etwa sexuell, körperlich, psychisch, Zwangsheirat, Genitalverstümmelung) definiert, vor denen die Frauen geschützt werden müssen.

"Wir begrüßen den großen Meilenstein der Konvention", erklärte Maria Rösslhumer vom Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser. Obwohl Österreich in Sachen Gewaltschutz als Vorreiter gelte, sei der Schutz der Frauen hierzulande dennoch ausbaufähig: "Die Frauenhäuser brauchen mehr Unterstützung. Momentan reicht die Finanzierung oft nicht aus, sie ist gesetzlich nicht verankert und nicht langfristig ausgerichtet", so Rösslhumer. Neben der Forderung nach mehr Frauenhausplätzen in den ländlichen Gegenden sei vor allem leistbarer Wohnraum nach dem Aufenthalt in einer Betreuungseinrichtung notwendig.

Familienministerium involvieren

"Für uns ist die Konvention ein wichtiges Bekenntnis der Mitgliedstaaten. Es zeigt, dass das Problem der Gewalt gegen Frauen noch immer nicht gelöst ist, auch wenn wir schon mehrere Jahrzehnte daran arbeiten", sagte Rosa Logar von der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie. Aber auch häusliche Gewalt gegen Kinder und Jugendliche würde ihr nach wie vor große Sorge bereiten: "Im letzten Jahr haben etwa 6.000 Jugendliche direkt oder indirekt Gewalt erfahren. Sie leben in Angst und erhalten nicht ausreichend Unterstützung, weil wir einfach nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen." Um diese Situation zu verbessern, müsse laut Logar das Familienministerium in den Gewaltschutz involviert werden.

Auch in Sachen Bewusstseinsbildung bestehe laut Wurm noch Aufholbedarf. "Viele betroffene Frauen wissen schlichtweg nicht, an wen sie sich wenden können", sagte sie. So sei die österreichische Frauenhelpline, unter der anonyme und kostenlose Hilfe in verschiedenen Sprachen angeboten wird, nach wie vor nur sehr Wenigen bekannt. (APA, 28.7.2014)