Sven-Eric Bechtolf, seit 2012 Schauspielchef in Salzburg, sagt in einem Interview mit Andrea Schurian ("Wir entziehen uns den Nützlichkeitserwägungen", DER STANDARD, 26. Juli): "... die Bereitschaft zur ökonomischen Unvernunft ist die eigentliche Kulturleistung einer Gesellschaft."

Dieser unvernunftsverliebte Elite-Künstler Bechtolf ist offenbar nicht ganz bei Sinnen.

Hat er nichts von den Skandalen der Salzburger Osterfestspiele und dem ökonomischen Mega-Versagen im Burgtheater, das von totaler ökonomischer Unvernunft im Sinne Bechtolfs zeugt, gehört? Er hat, aber es ist ihm offensichtlich völlig egal. Wahrscheinlich amüsiert er sich über die Menschen, die darüber entsetzt sind. Er wird ja aus Steuermitteln so hoch bezahlt, dass man da schon diese dummen Steuerzahler mit Verachtung strafen und verhöhnen darf.

So etwas zu sagen und es daher zu denken ist in mehrerlei Hinsicht verblendet, dumm, verantwortungslos, menschen- und gesellschaftsverachtend.

Man kann in ökonomischen Belangen nur unvernünftig sein, wenn man etwas hat. Angesichts der ökonomisch traurigen Lage der Gesellschaft ist es schon peinlich genug, wenn man vorgeführt bekommt, wie manche Menschen ihr eigenes Geld verschleudern. Aber Herr Bechtolf spricht hier nicht von seinem Geld, sondern von öffentlichen Mitteln, von Subventionen, von Steuergeld. Wenn Leute wie Bechtolf so etwas aussprechen, darf man sich nicht wundern, wenn viele Menschen in diesem Land Kulturträgern gegenüber negativ eingestellt sind und in weiterer Konsequenz bedeutende kulturelle Einrichtungen kaputtgemacht werden - wenn dadurch etwa das Burgtheater eines Tages nicht mehr überleben kann.

So ein Satz ist ein Schlag ins Gesicht aller Kulturschaffenden in diesem Land, und nicht nur in diesem Land. Wir kennen die sozialen Studien über die Notlage der Künstlerinnen und Künstler, die zumeist ohne fremde Mittel und in hohem Maße selbstausbeutend künstlerische Hochleistungen vollbringen. Wir kennen die skandalöse Verteilungs-Ungerechtigkeit der Förderungen von Kunst und Kultur in Österreich. Und ich weiß aus eigener Erfahrung, welch großer ökonomischer Vernunft es bedarf, um als Kunstschaffender einigermaßen überleben zu können. Ich kenne die quälenden Abrechnungsprozeduren mit den Subventionsgebern und dem Finanzamt, wo man auf jeden Cent überprüft wird.

Ökonomische Unvernunft ist die eigentliche Kulturleistung unserer Gesellschaft?

Das würde bedeuten, dass die großen kulturellen Leistungen der Menschheit auf allen Gebieten der Wissenschaft und Kunst nur zweiten und dritten Ranges sind.

Bechtolf kann nur die Gesellschaft seinesgleichen meinen: Die der egomanischen Elitetypen, die nicht die mindeste soziale Verantwortung tragen und die es gewohnt sind, Geld mit vollen Händen zu verprassen. Meine Gesellschaft ist dies jedoch nicht. Ich denke, dass eine Gesellschaft nur überlebensfähig ist, wenn sie verantwortlich mit allen kulturel- len Erscheinungen des Lebens und der Gesellschaft umgeht. Und dazu gehört sicher auch die Vernunft.

Ausschweifungen

Bechtolf wäre die Idealbesetzung für den ausschweifenden, reichen Jedermann im Salzbur- ger Festspiel-Spektakel von Hofmannsthal. Er spielt ihn nicht, er ist es. Wenn er es für sich ist, ist das seine Sache. Aber als Verantwortungsträger ist er mit dieser Aussage für die Salzburger Festspiele, für das Land Salzburg und auch für Österreich der nächste ökonomische Skandal und damit auch untragbar geworden. (Hubert Kramar, DER STANDARD, 31.7.2014)