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Nationalratspräsidentin Barbara Prammer ist am Samstag im Kreis ihrer Familie verstorben.

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Die österreichische Fahne mit Trauerflor auf dem Parlament.

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Harald Dossi, Parlamentsdirektor, Karlheinz Kopf, Zweiter Nationalratspräsident, und Christoph Zielinski, Universitätsprofessor, im Rahmen einer Pressekonferenz zum Tod von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer.

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Wien – Nach dem Tod von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) wird voraussichtlich in einer Nationalratssondersitzung Ende August ihr Nachfolger gewählt, Details werden bei einer Sitzung der Präsidialkonferenz am Montag festgelegt.

Die Nachfolge werde in "gebührendem zeitlichem Abstand zu den Trauerfeierlichkeiten" festgelegt, erklärte der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) bei einer Pressekonferenz am Sonntagvormittag im Parlament. Für die Wahl eines neues Nationalratspräsidenten werde es jedenfalls vor der nächsten regulären Nationalratssitzung am 24. September eine Sondersitzung geben müssen, sagte Kopf.

Kopf und Hofer übernehmen Amtsgeschäfte

Bis zur Wahl des Nachfolgers führen Kopf und der Dritte Nationalratspräsident, Norbert Hofer (FPÖ), die Amtsgeschäfte. In den nächsten Tagen werden der Ablauf und der Termin für die Trauerfeierlichkeiten festgelegt.

Der im Amt verstorbenen Nationalratspräsidentin steht ein Staatsbegräbnis zu. Der Staatsakt und das Begräbnis werden nicht vor Ende der Woche stattfinden, hieß es. Die Bevölkerung soll die Möglichkeit erhalten, sich in den Tagen davor im Parlament von Prammer zu verabschieden.

Aufbahrung in Säulenhalle

Prammer werde für diese Verabschiedung in der Säulenhalle im Parlament aufgebahrt, sagte ihr Sprecher Gerhard Marschall bei einer Pressekonferenz am Sonntag mit Parlamentsdirektor Harald Dossi, Universitätsprofessor Christoph Zielinski und Karlheinz Kopf.

Prammer starb am Samstag um 15.04 Uhr in ihrer Wohnung im Kreise ihrer Familie, teilte ihr Sprecher mit. Seit Mittwoch war sie zu Hause und wurde von einem Hospizteam des Allgemeinen Krankenhauses betreut. Für die Aufbahrung habe man sich in Absprache mit ihrer Familie entschieden, Prammer selbst hinterließ keine Wünsche oder Verfügungen bezüglich dieser Situation.

Der Staatsakt für die verstorbene Nationalratspräsidentin wird in Wien stattfinden. Wo das Begräbnis der Oberösterreicherin erfolge, darüber entscheide die Familie, sagte Marschall. Nach Rücksprache mit dem Parlament hat die Bestattung Wien außerdem ein elektronisches Kondolenzbuch für Barbara Prammer eingerichtet.

"Ganz großartige Chefin"

Christoph Zielinski, Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie am Wiener AKH – mit ihm gemeinsam hatte Prammer vor knapp einem Jahr ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht -, betonte, er habe Prammer als eine "außerordentliche Person kennengelernt", als "besondere Frau, die mit Bescheidenheit, Zurückgenommenheit und ungeheurer Disziplin ihrem Beruf nachgegangen ist". Auf die genaue Diagnose ging er nicht ein, da er von der Schweigepflicht, "die über das Grab hinausgeht", nicht entbunden sei. Prammer habe jedenfalls "alles erfahren, was heute als optimale Versorgung bei dieser Krankheit gilt", doch leider sei man nicht in der Lage gewesen, das Schicksal zu ändern.

Parlamentsdirektor Harald Dossi würdigte Prammer als "eine ganz großartige Chefin": "Sie hat eine gute Verwaltung geschätzt und sie im besten Sinne des Wortes auch genutzt", sagte Dossi. "Sie hat uns gefordert dabei", es sei nicht immer einfach gewesen, "aber das hat es so schön gemacht, mit ihr zu arbeiten".

Betroffenheit und Trauer

Der Tod von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer hat am Samstag quer durch die politischen Parteien tiefe Betroffenheit hervorgerufen. Bundeskanzler Werner Faymann (ebenfalls SPÖ) erklärte: "Ihr früher Tod hinterlässt große Betroffenheit und Trauer." Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) sagte: "Die österreichische Politik verliert eine starke Persönlichkeit."

"Barbara Prammer war eine bedeutende Sozialdemokratin, engagierte Frauenpolitikerin, große Demokratin und seit 2006 eine hervorragende Nationalratspräsidentin", so Faymann laut Aussendung in einer ersten Stellungnahme.

"Sie sah sich selbst als Kind der Kreisky-Zeit und hat nie aufgehört, an eine Zukunft zu glauben, in der soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit zur Selbstverständlichkeit geworden sind." Als Kämpferin für die Gleichstellung der Frauen habe sie die Gesellschaft ebenso geprägt wie mit ihrem Engagement, junge Menschen für Demokratie und politische Mitsprache zu begeistern.

"Ganz besonders stark war ihr Eintreten für ein Miteinander in der Gesellschaft, gegen Verhetzung, Rassismus und Antisemitismus. Barbara Prammer war es ein großes Anliegen, dass die Gräuel des Nationalsozialismus, auch und besonders von jungen Menschen, nicht vergessen werden", meinte der Bundeskanzler.

Spindelegger: "Über die Parteigrenzen hinweg wertgeschätzt"

Spindelegger teilte mit: "Zeit ihrer politischen Laufbahn hat Barbara Prammer in verschiedenen Funktionen auf Landes- und Bundesebene gewirkt, in denen sie lösungs- und konsensorientiert für die Menschen in diesem Land gearbeitet hat." Prammer sei "über die Parteigrenzen hinweg für ihre Arbeit wertgeschätzt worden".

Der ÖVP-Bundesparteiobmann unterstrich: "Barbara Prammer hat stets klare Positionen bezogen und sich als überzeugte Demokratin und Österreicherin durch ihre sachpolitische Arbeit ausgezeichnet." Die Nationalratspräsidentin hinterlasse eine große Lücke in der österreichischen Politik.

Bundespräsident Fischer tief erschüttert

Bundespräsident Heinz Fischer zeigte sich erschüttert. "Die Nachricht erfüllt uns mit tiefster Traurigkeit", wurde Fischer am Samstagabend in einer Aussendung der Präsidentschaftskanzlei zitiert.

"Barbara Prammer war eine der großen Frauenpersönlichkeiten im öffentlichen Leben unseres Landes und auch über die Grenzen unseres Landes hinaus bekannt und geschätzt. Sie war eine engagierte und unbestrittene Präsidentin des österreichischen Nationalrats, eine führende Sozialdemokratin und eine absolut integre Politikerin, der ich mich auch persönlich sehr verbunden fühlte", so der Bundespräsident.

Kopf: Österreich verliert große Staatsfrau

Der Zweite Nationalratspräsident Karlheinz Kopf (ÖVP) erklärte in einer Aussendung, Österreich verliere durch ihren Tod eine "große Staatsfrau und Persönlichkeit".

"Mit großem Respekt verneige ich mich aber nicht nur vor der Politikerin, sondern auch vor dem Menschen Barbara Prammer", so Kopf. Sie habe mit "großer Demut" ihre schwere Krankheit angenommen und ihr Amt mit großer Disziplin bis vor wenigen Wochen nahezu uneingeschränkt ausgeübt. "Persönlich bin ich der Verstorbenen für die jahrelange gute Zusammenarbeit in der Präsidialkonferenz und die sehr kollegiale und wertschätzende Zusammenarbeit im Präsidium des Nationalrats zu großem Dank verpflichtet", so der Zweite Nationalratspräsident.

Bundesratspräsidentin: "Schmerzliche Lücke"

Für Bundesratspräsidentin Ana Blatnik (SPÖ) hinterlässt Prammer eine "schmerzliche Lücke": "Prammer hat Herausragendes für den österreichischen Parlamentarismus und die Demokratie geleistet."

Hofer: "Tapfere Frau"

Auch der Dritte Nationalratspräsident, Norbert Hofer (FPÖ), sprach von einer "tapferen Frau, die trotz ihrer Erkrankung" eine Vielzahl von Terminen wahrgenommen habe: "Ich habe Barbara Prammer sehr gemocht und bin sehr traurig." FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache erklärte, Prammer sei als überzeugte Parlamentarierin stets auf die Würde des Hohen Hauses bedacht gewesen: "In diesem Geiste hat sie acht Jahre lang dieses Parlament geleitet und vertreten."

Glawischnig: "Glühende Demokratin"

Betroffen zeigten sich auch die Grünen. Bundessprecherin Eva Glawischnig trauerte über eine "herausragende Persönlichkeit, eine glühende Demokratin und einen liebenswerten Menschen". Prammer sei "Vorbild, Vordenkerin und Vorkämpferin zugleich" gewesen, würdigte sie die Verstorbene.

Neos-Klubobmann Matthias Strolz erklärte, mit Prammer verliere das Parlament einen "bis zuletzt aufrecht kämpfenden Menschen, dem weit über die Parteigrenzen hinaus Respekt und Ankerkennung entgegengebracht wurde". Tief betroffen zeigte sich auch Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur: "Ich habe sie als Kämpferin kennengelernt – für Parlamentarismus, für die Frauen, für ihre Sozialdemokratie – und für das Leben. Leider hat sie diesen ihren Kampf nicht gewinnen können."

Khol: "Mutige Frau, überzeugte Sozialdemokratin"

Der frühere Nationalratspräsident Andreas Khol hielt in einer Aussendung fest: "Barbara Prammer war eine mutige Frau, überzeugte Sozialdemokratin, initiative Frauenpolitikerin und wirkkräftige Präsidentin des Nationalrates." Alle ihre Ämter habe sie initiativ gestaltet und das Gemeinsame vor das Trennende gestellt, so Khol.

Auch Fritz Neugebauer, ehemaliger Zweiter Nationalratspräsident, war tief betroffen: "In der gemeinsamen fünfjährigen Tätigkeit im Nationalratspräsidium habe ich eine Politikerin kennengelernt, die das Haus außerordentlich gut geführt hat." ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka erklärte, man werde Prammer immer als Politikerin, die über die Parteigrenzen hinweg große Anerkennung und Respekt fand, in Erinnerung behalten. Wirtschaftsbund und Bauernbund drückten ebenfalls ihre tiefe Betroffenheit aus.

Grosz: "Immer geschätzt"

BZÖ-Chef Gerald Grosz kondolierte namens aller ehemaligen orangen Abgeordneten: "Barbara Prammer war der politische Konsens, und sie hatte einen fairen und respektvollen Zugang zu allen politischen Gruppierungen. Trotz aller Auffassungsunterschiede in den täglichen politischen Debatten haben wir sie immer geschätzt."

Reaktionen aus Bundesländern und Organistationen

Zahlreiche Reaktionen zu Prammers Tod langten auch aus den Bundesländern sowie von vielen Organisationen ein. ÖGB-Präsident Erich Foglar zeigte sich zutiefst erschüttert: Ob es um die Gleichstellung der Frauen, die Weiterentwicklung der Demokratie oder den Kampf gegen Rassismus gegangen sei, Prammer sei ein "leuchtendes Beispiel für alle, die für ihre Überzeugungen eintreten", so Foglar.

Rechnungshof-Präsident Josef Moser betonte, mit Prammer verliere Österreich eine "hervorragende Persönlichkeit, der Rechnungshof eine echte Partnerin für Transparenz und Kontrolle". Prammer habe ihr Amt immer objektiv und mit viel Einsatz wahrgenommen, so Moser.

Für die Anliegen der Caritas hatte Prammer immer ein offenes Ohr, erklärte Caritas-Präsident Michael Landau. Sie sei eine "wichtige und engagierte Stimme für Menschlichkeit und Toleranz" gewesen, so Landau.

Tief betroffen von der Nachricht zeigten sich auch der Sozialdemokratische Wirtschaftsverband, der Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen sowie die sozialdemokratische LSBTI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle)-Organisation.

Häupl: "Wir verlieren eine große Kämpferin"

Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Landesparteichef Michael Häupl erklärte: "Mit Barbara Prammer verlieren wir eine große Kämpferin der sozialdemokratischen Bewegung." Sie habe sich stets für die Gleichstellung von Mann und Frau sowie für die Stärkung der Minderheitenrechte im Nationalrat ausgesprochen, so Häupl. Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) sprach ebenfalls von einer "Ausnahmepolitikerin", Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) von einer "guten Freundin" Kärntens.

Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) ordnete aus Respekt Trauerbeflaggung am Niederösterreichischen Landhaus an: "Frau Präsidentin Prammer war immer um Konsens in der Politik über Parteigrenzen hinweg bemüht. Dafür gebührt ihr hohe Anerkennung." Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) lernte Prammer in verschiedenen politischen Funktionen "kennen und schätzen", sie sei stets um Ausgleich der politischen Interessen bemüht gewesen.

Kaske: "Fairness zentraler Lebensinhalt"

"Österreich hat eine großartige Politikerin und einen wundervollen Menschen verloren", zeigte sich Arbeiterkammerpräsident Präsident Rudi Kaske tief betroffen.

Kaske betont vor allem das soziale Engagement der verstorbenen Politikerin und ihren "unermüdlichen Einsatz für mehr Gerechtigkeit und Gleichberechtigung" in diesem Land. "Barbara Prammer hatte stets ein offenes Ohr für die Anliegen und Sorgen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Fairness war für sie nicht nur ein Begriff, sondern einer ihrer zentralen Lebensinhalte."

Klug: "Tief betroffen"

"Sie war für viele Politikerinnen meiner Generation ein Vorbild – so auch für mich. Sie war immer eine meiner wichtigsten Gesprächspartnerinnen", sagte Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl. Tief betroffen äußerte sich Verteidigungsminister Gerald Klug am Sonntag über das Ableben der Ersten Nationalratspräsidentin: "Barbara Prammer war eine große Sozialdemokratin, eine großartige Politikerin und eine politische Weggefährtin.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hob Prammers herausragende menschliche Qualitäten hervor: "Soziale Gerechtigkeit war ihr immer ein Herzensanliegen, Menschlichkeit stand an erster Stelle."

"Verbündete und eine Antifaschistin aus ganzem Herzen"

Auch das Mauthausen Komitee Österreich, die Österreichische Lagergemeinschaft Mauthausen, äußerte am Sonntag ihre Trauer über das Ableben von Barbara Prammer (SPÖ). "Sie war in der Arbeit gegen Rassismus und Faschismus eine wichtige Verbündete und eine Antifaschistin aus ganzem Herzen", erklärte das Komitee in einer Aussendung.

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) würdigte ebenfalls das Wirken der Nationalratspräsidentin und ihren Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und Ausgrenzung. "Wir verlieren mit ihr einen edlen, wertvollen, ganz besonderen Menschen", so IKG-Präsident Oskar Deutsch.

Auch das Jewish Welcome Service zeigte sich über die Nachricht tief betroffen. In einer Aussendung wurde darauf hingewiesen, dass auf Prammers Initiative eine Gedenktafel in Erinnerung an den langjährigen Leiter des Jewish Welcome Service, Leon Zelman, am Palais Epstein angebracht und die jährlichen Epstein-Vorlesungen veranstaltet wurden. Die Organisation dankte für ihre Unterstützung.

Ihr Mitgefühl drückte auch die Türkische Kulturgemeinde Österreich aus. Prammer war eine "engagierte Persönlichkeit der österreichischen Demokratie". Ihr Mut und ihr Eintreten für Solidarität in der Gesellschaft mache die Verstorbene unvergessen, hieß es.

Der Linzer Diözesanbischof Ludwig Schwarz erinnerte sich in einer Aussendung an die Zusammenarbeit als Vertreter der Bischofskonferenz mit der Nationalratspräsidentin, etwa beim Hilfsfonds für Geschädigte des Nationalsozialismus. Abseits der Arbeitsgespräche sei Prammer dabei auch immer wieder auf ihre Jugend in Ottnang und ihr Leben in Österreich zu sprechen gekommen, so Schwarz.

In allen Stellungnahmen wurde Prammers Familie Mitgefühl ausgesprochen. (APA, red, derStandard.at, 3.8.2014)