Die Frauenpolitikerin Johanna Dohnal nahm den Kontakt zur autonomen Frauenbewegung immer sehr ernst.

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Wie es um die Popularität von Frauenministerinnen steht, wusste auch die am Samstag verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer aus Erfahrung: unbeliebt zu sein gehört dazu. Die Erste, die diesen Job in Österreich antrat, der auch heute noch Häme und nur kleine Erfolge verspricht, war Johanna Dohnal. Vielen ist sie heute nicht nur die erste, sondern auch die Frauenministerin schlechthin.

Über diesen Status konnte sich Dohnal erst viele Jahre nach Ende ihrer politischen Karriere freuen. Davor war sie lange die wohl meistgehasste Frau Österreichs. Der "Krone"-Kolumnist Staberl bezeichnete sie 16 Jahre lang immer wieder als "unnötigstes Mitglied der Regierung".

Am 14. Februar 1939 wird Johanna Dietz in Wien geboren. Ihre Mutter leidet an Tuberkulose, die Großmutter kümmert sich um das Enkelkind. An eine weiterführende Schule ist aus Geldmangel nicht zu denken, das Mädchen beginnt eine Lehre zum "Industriekaufmann". Mit 17 tritt Johanna der SPÖ bei. Ein Jahr später heiratet sie Franz Dohnal, die Ehe hält 19 Jahre. Johanna Dohnal wird Mutter zweier Kinder.

Finanzielle Unabhängigkeit der Frauen, frei von Gewalt und über Leib und Leben selbstbestimmend - keine geringeren Ziele hat Dohnal, die in den 1960ern ihre politische Arbeit aufnimmt: Nach Stationen als Bezirksrätin (1969) und Wiener Gemeinderätin (ab 1973) - in dieser Funktion ergreift sie die Initiative für das erste Frauenhaus in Österreich - macht Bruno Kreisky sie 1979 zur ersten "Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen".

Nach elf Jahren in dieser Funktion sagt Dohnal: "Als das mache ich nicht weiter" - und wird 1990 erste Frauenministerin. Fünf Jahre später wird ihr im Zuge einer Regierungsumbildung der Rücktritt nahegelegt. Ihr feministisches Engagement endet aber bis zu ihrem Tod 2010 nicht. Dohnal weiß, dass die Widerstände gegen Frauenpolitik noch immer groß sind. Und dass Frauenpolitik nicht ohne die autonome Frauenbewegung auskommt.

Als sie in den 1970er-Jahren Selbstbewusstseinsseminare für Frauen startete, warf man ihr vor, damit Familien zu zerstören. Ähnliches ist auch noch heute zu hören: etwa, dass Frauenhäuser Ehen zerstören und überflüssig seien. Auch die Fristenregelung, an deren Durchsetzung Dohnal mit dem Komitee "Helfen statt Strafen! - Kein Zurück zum Paragraph 144" mitwirkte, sorgt noch im Sommer 2014 für Debatten. "Warum gibt es nicht in allen öffentlichen Spitälern in ganz Österreich die Möglichkeit, einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen?", fragte Dohnal 35 Jahre nach Inkrafttreten der Fristenregelung ihre Biografin Susanne Feigl.

Dohnal durfte es noch erleben, dass man sich über ihren Status als Leitfigur der österreichischen Frauenpolitik weitgehend einig wurde. Sie vergaß aber nie, dass es um die Bewertung ihrer politischen Anliegen ganz anders steht. (Beate Hausbichler, DER STANDARD, 5.8.2014)