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Geschlechtssegregation der Berufe als Hauptgrund für den Gender Pay Gap.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Vielleicht habt ihr auch den Artikel kürzlich in der FAZ gelesen, der unter dem etwas reißerischen Titel "Die Mär von den ungerechten Frauenlöhnen" noch mal das Thema Gender Pay Gap aufmacht. Die Beschreibung des Dilemmas in dem Artikel ist richtig, nur der Einstiegsduktus polemisch, denn natürlich geht es bei der Kritik am Gender Pay Gap nicht nur um die direkte ungleiche Bezahlung bei vergleichbarer Arbeit (die es allerdings auch immer noch gibt), sondern um die Verteilung von Arbeit und Einkommen zwischen Frauen und Männern generell.

Oder: Wenn Frauen weniger verdienen, weil die Einkommen in "Frauenberufen" niedriger sind als in "Männerberufen", dann ist das ja auch ein "Gap". Oder wenn sehr viel mehr Frauen als Männer wegen Kindern in Teilzeit gehen. Unterm Strich heißt das nämlich: Frauen haben weniger Geld als Männer in einer Kultur, in der sich alles ums Geldhaben dreht. That is the point.

"Wir sind unschuldig"

Kleiner Einschub: Es fällt mir häufig auf, dass feministische Strukturanalysen (wie etwa der Hinweis auf den Gender Pay Gap) verstanden werden als moralische Anschuldigung einzelnen Männern gegenüber. Deshalb kommen dann Reaktionen wie "Das ist keine Diskriminierung, wir machen nichts falsch, wir sind unschuldig!" – die aber am Punkt des Anliegens ganz vorbeigehen. Einschub Ende.

Über den Gender Pay Gap und dass ich die Art, wie der Tag promotet wird, auch teilweise problematisch finde, habe ich ja schon mal gebloggt.

Gerade kam mir über diesen Link der Heinrich-Böll-Stiftung noch ein anderes Argument in die Timeline, das von Emilia Roig vorgebracht wurde und das ich bedenkenswert finde:

Sie sagt nämlich, dass die frauenpolitischen Strategien der vergangenen Jahrzehnte, eine höhere "Erwerbsbeteiligung" von Frauen durch die Professionalisierung häuslicher Dienstleistungen zu erreichen – Putzfrauen für Privathaushalte, institutionalisierte Kinderbetreuung, Outsourcen von Pflege, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtern sollen –, genau mitverantwortlich für den Gender Pay Gap sind.

Kulturelle Bewertung von Care

Denn wenn nicht direkte ungleiche Bezahlung, sondern die "Geschlechtssegregation der Berufe" der Hauptgrund für den Gender Pay Gap ist, dann trägt genau dieser Prozess ja dazu bei. Denn es entsteht ein größer werdender Sektor von schlecht bezahlten Berufen, in denen eben ganz überwiegend Frauen – und überproportional viele Migrantinnen – tätig sind.

Deshalb finde ich es gut, dass in dem Netzwerk Care-Revolution, in dem wir als Autorinnen des ABC des guten Lebens auch mitarbeiten, versucht wird, nicht entlang der Trennung von professionalisierter und privater Care-Arbeit zu denken, sondern beides zusammen zu denken. Der Kern des Problems liegt in der kulturellen Bewertung von Care. Mit Veränderungen und Verschiebereien innerhalb einer Logik, die Care im Vergleich zu anderen ökonomischen Tätigkeiten für weniger wichtig und wertvoll hält, ist letzten Endes nichts zu gewinnen.

In dem Zusammenhang schon mal ein Terminhinweis: Am 1. November wird es in Frankfurt das nächste größere Netzwerk-Treffen der Care-Revolution geben, von 12 bis 18 Uhr in den Uni-Räumen an der Bockenheimer Warte. Details folgen. (Antje Schrupp, dieStandard.at, 21.8.2014)