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Dieser traurige Rapidler (Maximilian Hofmann) könnte auch durchaus ein trauriger Austrianer sein.

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Austrias Vorstand Markus Kraetschmer hat ein großes Problem. "Man weiß immer erst am Montag, wie das Wetter am Sonntag war."

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Wien - Austrias Wirtschaftsvorstand Markus Kraetschmer hat sich über die Bilder, die Fernsehkameras eingefangen und gezeigt haben, selbst gewundert. Es war vor knapp zwei Wochen in Wiener Neustadt, die Partie war aus, Endstand 2:2. Kraetschmer vermittelte Wut, Zorn, Enttäuschung. Sein Körper sprach nicht, er schrie. Der Gesichtsausdruck war zumindest hochinteressant. "Fußball ist halt Emotion. Da kam der ganze Frust hoch. Davor wurde geredet, dass man einmal in Führung gehen müsse. Sie gingen in Führung und gewannen trotzdem nicht. Es passieren Fehler, die auf diesem Niveau nicht passieren dürfen." Danach hatte Kapitän Manuel Ortlechner erklärt, er sei stolz auf die Mannschaftsleistung. Kraetschmer. "Das geht gar nicht." Man hat darüber gesprochen, die Geschichte ist bereinigt.

Unwürdige Bilanz

Saisonübergreifend ist die Austria seit acht Partien sieglos, diese Bilanz ist für den Vorstand "einer Austria nicht würdig. Geht gar nicht." Am Sonntag steigt in Favoriten das 310. Derby gegen Rapid, es ist eines mit besonders eigenen Gesetzen. Die Grünweißen befinden sich nämlich auch in der sogenannten Kiste. Der Neunte (Austria) empfängt den Siebenten, das sind vier Punkte gegen fünf. Nach fünf Runden. Wobei der Siebente in der Europa League bei HJK Helsinki, einer Mannschaft, deren Stärke das Mittelmaß ist, 1:2 verloren hat. Immerhin ist Rapid international tätig.

Die Voraussetzungen verheißen keinen Knüller, der 42-jährige Kraetschmer stellt ihn unter das Motto: "Ein wegweisendes Derby." Das Alternative "Not gegen Elend" denkt er höchstens. "Der Verlierer hat ein großes Problem, den Anschluss verloren. Erschreckend sind gar nicht so sehr die elf Punkte Rückstand auf Salzburg, sondern die elf auf Wolfsberg. Das geht gar nicht."

"Alltag nicht bewältigt"

Im Dezember 2013 war die Austria noch in der Gruppenphase der Champions League beschäftigt, sie hat sich überhaupt nicht blamiert. Leichte Zerfallserscheinungen waren trotzdem erkennbar. Kraetschmer: "Man war an den Feiertagen motiviert, konnte aber den Alltag nicht bewältigen. Die Hausmannskost wurde nicht verdaut." Ob man das nicht früher hätte bemerken müssen? "Vielleicht. Aber man weiß halt immer erst am Montag, wie das Wetter am Sonntag war."

Kraetschmer spricht dem neuen Trainer Gerald Baumgartner ausdrücklich das Vertrauen aus. "Das ist keine Drohung, sondern Tatsache. Er ist ein akribischer Arbeiter, ehrgeizig. Er kann sehr schroff sein, aber wir haben bewusst so einen Mann ausgesucht. Die Austria braucht neue Reize, es muss Alternativen zu den ewigen Streicheleinheiten geben. Natürlich muss Baumgartner an sich feilen. Auch ich muss das." Eine weitere Saison ohne Europacup "geht gar nicht. Die Austria hat den Anspruch, immer Top drei zu sein."

Europa, ein Muss

Ohne internationale Beschäftigung sei es extrem schwierig, Spieler zu verpflichten. "Da geht es gar nicht so sehr ums Geld. Aber gute Leute wollen im Europacup mittun, das ist oft eine Bedingung für den Wechsel." So musste lange und fast vergeblich ein Nachfolger für Philipp Hosiner gesucht werden. Der Israeli Omer Damari hat sich sozusagen erbarmt. Kraetschmer. "Er ist gut."

Die Situation bei Rapid ist nicht minder unlustig. Sportdirektor Andreas Müller sagt: "Wir brauchen mehr Durchschlagskraft, mehr Mut. Die Lage ist noch nicht kritisch, aber schwierig." Trainer Zoran Barisic bietet an: "Ein Derby ist ein Derby. Unabhängig von der traurigen Tabellensituation."

Der Fußball, auch jener in Wien, sagt Kraetschmer, sei ständig in Bewegung. "Ein Wellental, davor kann man sich kaum schützen. Mir ist lieber, die Austria schwimmt oben."

Die Polizei hat das 310. Derby als Risikospiel eingestuft. (Christian Hackl, DER STANDARD, 23.8. 2014)