Wien - Nach SPÖ-Listenturbulenzen und dem jüngsten Vorstoß von ÖVP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm gibt es wieder eine Debatte über gesetzliche Frauenquoten. Europaweit geht man unterschiedliche Wege, wie eine Aufstellung des Instituts für Parlamentarismus des früheren ÖVP-Klubdirektors Werner Zögernitz zeigt. Er selbst relativiert den Nutzen, würde Quoten aber für Bundeslisten für sinnvoll halten.

Schittenhelm für Reißverschluss

Frauenministerin und SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinsch-Hosek (SPÖ) hatte sich bereits im August für gesetzlich vorgeschrieben Frauenquoten für Wahllisten starkgemacht; Auslöser waren die parteiinternen Querelen rund um die Nachbesetzung des Mandats der verstorbenen NR-Präsidentin Barbara Prammer gewesen. Die SPÖ hat bekanntlich eine Frauenquote, diese wurde im konkreten Fall allerdings von der Wahlordnung ausgehebelt. Die ÖVP hat keine Frauenquote, was Schittenhelm gerne ändern möchte. Abgesehen davon sprach sie sich am Wochenende im APA-Interview auch für eine gesetzliche Regelung aus, wonach die Kandidatenlisten aller Parteien künftig im Reißverschlussprinzip besetzt werden müssten.

So etwas gibt es im europäischen Ausland - etwa in Belgien, Portugal oder Slowenien, wobei zumeist ein Frauenanteil zwischen um die 30 bis 35 Prozent vorgeschrieben wird, also mitnichten die von Schittenhelm gewünschten 50 Prozent. Überwiegend setzt man in Europa aber auf parteiinterne Regelungen. Einige wenige Länder, etwa Frankreich, haben sogar ein Gebot in der Verfassung. Andererseits sei gerade Frankreich ein Beispiel dafür, dass das Mehrheitswahlrecht Frauen benachteilige. Umgekehrt überrascht der Blick etwa nach Dänemark, wo es überhaupt keine Quoten - weder per Gesetz noch auf Parteiebene - gibt.

Auf Bundeslisten könnte Verpflichtung "wirklich wirken"

Zögernitz ist auch nicht überzeugt, dass eine Änderung der Wahlordnung mit verpflichtenden Quoten auf allen Ebenen etwas am zuletzt gesunkenen Frauenanteil im Parlament (30,6 Prozent) ändern würde. "Die ÖVP hat etwa in 18 Wahlkreisen überhaupt kein Grundmandat, in 17 Wahlkreisen eines. Der 'Reißverschluss' würde da nichts helfen." Für die Landeslisten hätte eine Quotenpflicht "in den großen Ländern" Folgen; auf der Bundesliste dagegen könnte eine gesetzliche Verpflichtung "wirklich wirken", so Zögernitz: "Da bin ich dafür."

Abzuwarten bleibt, wie der von den ÖVP-Frauen angekündigte Leitantrag für interne Quoten beim Parteitag im Herbst ankommen wird. ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel hielt am Montag auf APA-Anfrage fest: "Die ÖVP-Frauen sind genauso wie alle, denen die Weiterentwicklung der ÖVP ein Anliegen ist, eingeladen, ihre Vorschläge in die Evolution Volkspartei (den jüngst eingeleiteten Programmprozess, Anm.) einzubringen." (APA, 8.9.2014)