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Kleine Gedächtnishilfen können den Alltag erleichtern - das Betreuungsproblem lösen sie nicht.

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Wien - Etwa 130.000 Personen leiden in Österreich an Demenz. 40 Prozent der Erkrankten und Pflegenden kennen spezielle Angebote nicht, 58 Prozent der Betroffenen meinen außerdem, dass Unterstützungsangebote nicht ausreichend vorhanden und nicht leistbar sind. Das geht aus dem aktuellen Volkshilfe-Sozialbarometer hervor, das am Montag in Wien präsentiert worden ist.

Jeder fünfte Österreicher steht laut Sozialbarometer mit Pflegenden in naher Verbindung oder pflegt selbst eine demenzkranke Person. Lediglich ein Drittel der Befragten kennt jedoch spezielle Angebote, aber auch in der Gruppe der mit der Erkrankung vertrauten Personen (Kranke und Pflegende) sind 40 Prozent nicht über diverse Hilfseinrichtungen informiert.

Sind Angebote verfügbar, so werden diese von der Hälfte der rund 1.000 Befragten für nicht ausreichend und nicht leistbar bewertet, das gaben auch 58 Prozent der Betroffenen an. "Wir wünschen uns mehr Tagesbetreuungsangebote, einen Ausbau der Tageszentren und spezielle Öffnungszeiten", sagte Volkshilfe-Geschäftsführer Erich Fenninger.

Arbeitgeber in der Pflicht

Mehr Unterstützung wünschen sich die Österreicher auch von den Arbeitgebern. So glauben nur 15 Prozent, dass Betriebe genügend auf die Bedürfnisse von pflegenden Angehörigen eingehen. "Wer einen Angehörigen betreut, möchte meisten auch im Beruf bleiben - auf diese Weise kommen Pflegende ein wenig aus dem Haus. Deshalb müssen Unternehmen das Thema stärker im Auge haben", so Fenninger.

Eine deutliche Mehrheit von 57 Prozent würde laut Umfrage im Bedarfsfall eine Pflegekarenz in Anspruch nehmen. Weil Angehörige durch die Belastung der Pflege besonders anfällig für Burn-out-Symptome und Depressionen sind, forderte Flenninger die kostenlosen und flächendeckende Beratung für Betroffene.

Verbesserte Unterstützungsangebote brauche es laut Antonia Croy, Präsidentin des Vereins Alzheimer Austria, vor allem in ländlichen Gebieten. "Hier gibt es kaum die Möglichkeit, sich untertags Entlastung zu holen, auch Besuchsdienste sind selten. Oft sind die Wegzeiten zur nächsten Einrichtung sehr lang und wenn man in einen anderen Bezirk fährt, ist die Finanzierung sehr kompliziert." Bei angebotenen Besuchsdiensten sei es außerdem wichtig, dass möglichst immer dieselben Personen mit der Betreuung beschäftigt sind, weil die Demenzkranken fremde Hilfe oftmals ablehnen würden.

Heimhilfe braucht Zeit

Neben mehr finanzieller Unterstützung sei laut Croy auch eine "zeitgemäße Pflege" notwendig. "Das sauber-und-satt-Prinzip entspricht nicht dem heutigen Stand. Heimhilfen brauchen mehr Zeit, denn neben dem Waschen, Anziehen und anderen Hilfestellungen, bleibt einfach keine Zeit mehr für das Gespräch mit den Menschen", erklärte Croy.

Auch die Caritas und Patientenanwalt Gerald Bachinger forderten am Montag einen "Nationalen Aktionsplan Demenz". "Die Bundesregierung hat sich im Rahmen des Koalitionsabkommens darauf geeinigt, eine gemeinsame Demenzstrategie vorlegen zu wollen. Doch bisher fehlt von dieser Strategie jede Spur", erklärte Bachinger in einer Aussendung. Dabei solle sich die österreichische Bundesregierung an der Schweiz orientieren, wo Bund und Kantone gemeinsam Ziele festlegen, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und Belastungen zu verringern. (APA, red, derStandard.at, 15.9.2014)