Spiegelneuronen machen es möglich: Besucher erlernen die Gebärdensprache, indem sie eine Videoaufnahme nachahmen.

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Wien - Eine Straßenbahn in Wien: Eine Frau auf dem Platz gegenüber lächelt freundlich. Da bleibt einem nur eines: zurückzulächeln. Warum ist das so? Besucher der Ausstellung Wechselwirkung, derzeit im Ringturm am Wiener Schottenring, können diese Situation nachempfinden. Verantwortlich dafür sind Spiegelneuronen. Sie machen es möglich, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und sich von Gefühlen anderer anstecken zu lassen. Wozu Spiegelneuronen noch fähig sind, erfährt man in der Ausstellung.

"Bei dieser Ausstellung sollen Wechselwirkungen entstehen", sagt Barbara Streicher, Geschäftsführerin des Organisators Science Center Netzwerk. 19 Stationen laden dazu ein, Wechselwirkungen zwischen Parasiten und Menschen, Herzfrequenz und Medikamenten oder Mikrofonen und Lautsprechern zu erforschen.

Spiel mit der Allergie

In der Station "Total allergisch" wird am Computer, entwickelt von der Firma Vienom gemeinsam mit Open Science und der FH Campus Wien, gespielt: Eine fiktive Spielfigur bekommt durch den Verzehr von Nüssen einen allergischen Schock. Die Allergenquelle bewirkt, dass der Histaminspiegel ansteigt. Dies hat zur Folge, dass die Figur zuerst mit einem Ausschlag reagiert, dann hyperventiliert und schließlich in das Krankenhaus eingeliefert wird.

Was man dabei auch noch lernt: Wenn man auf Nüsse allergisch ist, sollte man auch bei Allergenquellen, die kreuzreaktive Allergene enthalten, wie Birke oder Äpfel, vorsichtig sein. Nahrungsmittelallergene sind nicht überall die gleichen, weil unterschiedliche Kulturen andere Lebensmittel bevorzugen. In Österreich leiden viele Menschen an einer Milch- oder Nussallergie, während in Griechenland Fischallergie häufig auftritt. "Insgesamt leiden 25 Prozent der westlichen Bevölkerung an derartigen Überempfindlichkeiten", sagt Ines Swoboda, Allergiespezialistin an der FH Campus Wien.

Besucher sollen in der Ausstellung herausfinden, welche Stoffe allergen wirken, diese verschiedenen Gruppen zuordnen und die dafür verantwortlichen Mastzellen kennenlernen. Schulklassen und Gruppen können an kostenlosen Workshops teilnehmen. Barbara Streicher, Geschäftsführerin des Science Center, war bereits an der Organisation der vorherigen Ausstellungen Grenzgenial oder Netzwerke beteiligt und empfiehlt einen Besuch ab der dritten Schulklasse. "Dieses Projekt soll Schülern und Lehrern einen Anstoß geben, sich mit Wechselwirkungen näher auseinanderzusetzen", sagt sie.

In der Langen Nacht der Museen am 4. Oktober werden im Rahmen der Ausstellung Vorträge zu jeder vollen Stunde angeboten. Während der Öffnungszeiten beantworten zwei Studenten Fragen der Besucher. "Wirkungswechsel" soll zum Experimentieren animieren: Wie entwickelt sich ein Wald über 50 Jahre? Was sind die Auswirkungen von Mischwäldern oder Nadelwäldern auf Ökosysteme? Man kann sich als Förster versuchen, Bäume pflanzen und gegen Borkenkäferbefälle kämpfen, indem man die Bestände abholzt. Allerdings kostet jeder Baum Geld, und der wirtschaftliche Verlust muss erst ausgeglichen werden.

Gemeinsam balancieren

Im Alltag spielen Wechselbeziehungen zwischen Menschen eine größere Rolle. In einer Station geht es um Selbstreflexion und Kontaktaufnahme, zum Beispiel indem man auf einer großen Scheibe balanciert und versucht, einen Ball durch ein Labyrinth zu lenken. Ein paar Meter weiter können Besucher entgegen der Wechselwirkungskraft die Quarks im Atomkern trennen oder der Erdanziehungskraft durch fallende Magneten entgegenwirken. Die Ausstellungsbesucher lassen magnetische und nichtmagnetische Fallobjekte durch leitende und nichtleitende Röhren fallen und beobachten die unterschiedlichen Fallgeschwindigkeiten. (roll/DER STANDARD, 17.9.2014)