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Emma Watson lädt die Männer zum Feminismus ein

Foto: AP

Das Internet war in den letzten Tagen voll von Emma Watsons Rede, in der sie darüber spricht, wie wichtig es sei, auch Männer von den Vorzügen des Feminismus zu überzeugen.

Die Einträge von Usern in meiner Timeline fallen unterschiedlich aus, die Meinung ist gespalten darüber, was von dieser Rede zu halten sei. Die einen jubeln: Toll, eine nette Feministin, die nicht über die Männer schimpft, sondern sie ins Boot holen will. Die anderen sind genervt: Feminismus ist schließlich nicht dafür da, von Männern toll gefunden zu werden, denn um deren Urteil geht es hier doch ausnahmsweise mal gerade nicht.

Auch in diesem Fall – wie so oft – geht es meiner Meinung nach nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch.

Es geht nicht um Gleichheit

Meiner Meinung nach geht es im Feminismus ja nicht um Gender Equality (wie Emma Watson in ihrer Rede behauptet), sondern um weibliche Freiheit, also um die Subjektivität von Frauen gerade ohne den Maßstab einer männlichen Norm. Die Emanzipation, also die Gleichheit der Frauen mit den Männernn war, wie Luisa Muraro es einmal formulierte, gänzlich vorhersehbar in einer (männlichen) Kultur, die die Gleichheit der Menschen seit über 200 Jahren zu ihrem Leitbild erkoren hat. Dass die Frauen so lange von dieser Gleichheit ausgenommen waren, ändert nichts an der Tatsache, dass die Gleichheit der Frauen eine logische und unausweichliche Folge der männlichen Gleichheitsidee war. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie drauf kommen mussten.

Die Freiheit der Frauen, die weibliche Subjektivität hingegen ist in dieser symbolischen Ordnung nicht vorgesehen. Sie ist tatsächlich etwas Unvorhergesehenes, das erst mit der Frauenbewegung ans Licht kam. Und diese Freiheit zeichnet sich gerade NICHT durch die Gleichheit der Frauen mit den Männern aus, sondern im Gegenteil dadurch, dass Frauen ihren eigenen Wünschen, Vorstellungen und Ideen folgen und sie ernst nehmen, ganz unabhängig davon, ob sie mit der Weltsicht und den Ideen von Männern kompatibel sind oder nicht. Wenn sie es sind, umso besser, kann man zusammenarbeiten. Sind sie es nicht, gibt es eben politische Konflikte auszutragen.

Soweit haben also die Kritikerinnen der "Männer für den Feminismus gewinnen"-Kampagne recht.

Männer als Profiteure feministischer Analysen

Andererseits sind Bündnisse mit Männern trotzdem sinnvoll und notwendig. Denn tatsächlich sind ja auch viele Männer mit der patriarchalen symbolischen Ordnung unzufrieden, weil sie in vielerlei Hinsicht dem guten Leben aller Menschen nicht zuträglich ist. Damit meine ich nicht nur, dass auch Männer unter Geschlechtsstereotypen leiden, also etwas "vom Feminismus haben". Das stimmt auch, ist aber nur ein kleiner Teil der Wahrheit, denn in vielerlei anderer Hinsicht profitieren sie ja auch von den Stereotypen, das heißt, Feminismus läuft ihren Interessen zuwider.

Aber Politik ist doch die Suche nach einem guten Zusammenleben aller Menschen und nicht einfach Lobbyismus für die eigenen Interessen. Menschen mit einem politischen Bewusstsein, mit Liebe zur Welt also und mit einem Gespür für Gerechtigkeit, geben sich nicht damit zufrieden, auf dieser Welt nur ihre eigenen Vorteile zu verfolgen. Sondern sie suchen nach einem Sinn in dem Ganzen, der über ihre eigene kleine Nasenspitze hinausreicht.

Und in diesem Sinne können Männer von feministischen Analysen profitieren, weil diese ihnen Aspekte und Sichtweisen eröffnen und zugänglich machen, die sich aus sich selbst heraus nicht haben können. Ich kenne nicht gerade massenweise, aber durchaus zahlreiche Männer, die aus diesem Grund gerne mit Feministinnen diskutieren, die feministische Texte lesen, die sich für die Sichtweisen und Analysen von Frauen interessieren, die an einem Austausch wirklich interessiert sind.

Männer als Vermittler

Und diese Männer sind durchaus wichtige Verbündete der Frauenbewegung, weil sie – einfach aufgrund ihres Mannseins – Möglichkeiten haben, die ich nicht habe, weil ich eine Frau bin. Das kann so etwas Banales sein wie die Tatsache, dass andere Männer ihnen eher zuhören als mir. Das ist natürlich ungerecht, aber das zu beklagen ändert ja nichts an den Verhältnissen, die nun einmal sind, wie sie sind. Solange diese feministisch denkenden Männer für ihr Engagement von mir keine Kekse verlangen, freue ich mich darüber, wenn sie irgendwo Gehör finden, wo es mir nicht gelingt.

Es ist aber nicht nur das. Es gibt auch Situationen, in denen mir Männer zwar zuhören, ich mich ihnen aber nicht verständlich machen kann. Zum Beispiel, weil ich mich in sie tatsächlich nicht hineinversetzen kann, weil ich nicht verstehe, wo ihr Problem ist. Und damit meine ich nicht Antifeministen, die mich aus ideologischen Gründen nicht verstehen wollen, sondern ich meine solche, bei denen ich ein wirkliches Interesse sehe, aber ich kann ihnen einfach nicht vermitteln, was ich sagen will, es fehlt eine gemeinsame Ebene der Verständigung.

In solchen Fällen bin ich froh, wenn Männer diese Vermittlungsarbeit übernehmen, denn ich habe schon oft beobachtet, dass sie dann Worte und Beispiele und Argumente finden, die wirken, und die mir schlicht nicht eingefallen wären. Solche "Allies" zu haben, ist eine gute Sache. (Antje Schrupp, derStandard.at, 25.9.2014)