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Für Future-Policy-Award-Initiator Jakob von Uexküll ist Gewalt gegen Frauen und Kinder eine "inakzeptable Verletzung der Menschenrechte" mit "ernstzunehmenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung und Armutsreduzierung".

Foto: APA/Techt

Genf/Wien – Gute Gesetze seien für eine möglichst gedeihliche Entwicklung in der Welt essenziell. Das ist der leitende Gedanke, der hinter dem Future Policy Award steht: einem Preis, der vom World Future Council (Weltzukunftsrat) des deutsch-schwedischen Stifters des Alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, alljährlich verliehen wird - in Gold und Silber sowie in den Kategorien Vision und als ehrenvolle Würdigung.

Im Jahr 2014 hatte eine neunköpfige Jury über die Prämierung "innovativer Lösungsansätze für die Beendigung der Gewalt gegen Frauen und Mädchen" zu entscheiden. Eine von zwei Silber-Auszeichnungen geht dabei an eine österreichische Regelung: an die Prozessbegleitung für Opfer von Gewalt bei Straf- und Zivilprozessen. Diese – so die Jury – stärke die Rechte von Frauen und Kindern, verhindere eine Retraumatisierung von Gewaltopfern vor Gericht und verschaffe ihnen Zugang zu psychosozialer Betreuung.

Minister Brandstetter erfreut

Für Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) ist die mit dem Award verbundene internationale Anerkennung Grund für Freude: "Opferschutz hat in Österreich Priorität. Mit dem Rechtsanspruch auf Prozessbegleitung geben wir Opfern eine Stimme und sorgen dafür, dass Opfer in Gerichtsverfahren gehört werden", sagte er.

Die österreichische Prozessbegleitung wurde 2006 eingeführt, seit 2008 ist sie gesetzlich in Paragraf 66 der Strafprozessordnung verankert. Bundesweit neun Interventionsstellen gegen Gewalt gewähren juristische Erstberatung, vermitteln kostenlos Anwälte und Anwältinnen, bereiten Betroffene auf die emotionalen Belastungen bei Gericht vor und stellen dafür Begleiterinnen. Die Regelung ist genderneutral formuliert, in Anspruch genommen wird sie überwiegend von Frauen und Kindern.

Forderungen in Deutschland

Übergeben wurde der Preis Dienstagabend bei der Vollversammlung der Interparlamentarischen Union in Genf. Aus Österreich reisten dazu Roland Miklau aus dem Justizministerium sowie Sonja Wohlatz von der Wiener Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen (Tamar) in die Schweiz. In den Jahren vor Einführung der Prozessbegleitung trug die Arbeit von Tamar und anderen NGOs entscheidend zur Meinungsbildung für diese Novelle bei. In Deutschland kämpfen Frauenverbände nach wie vor für eine vergleichbare Novelle.

Mit dem goldenen Future Policy Award wurde das Duluth-Modell ausgezeichnet. Dieses wurde 1981 in der Stadt Duluth im US-Bundesstaat Minnesota eingeführt. Es sieht ein koordiniertes Vorgehen von Polizei, Gerichten, sozialen Diensten, Frauenhäusern und Gesundheitsdiensten bei Fällen genderspezifischer Gewalt vor – und wurde inzwischen etwa auch in Österreich übernommen. Eine zweite silberne Prämierung ging an das Gesetz zum Verbot von Genitalverstümmelung im westafrikanischen Burkina Faso.

"Visionäres" Europaratsabkommen

Ehrenvolle Würdigungen erhielten die spanischen und bolivianischen Gesetze gegen geschlechtsspezifische Gewalt, Gewinner in der Kategorie "Vision" wurde das diesbezügliche Übereinkommen des Europarats, die Istanbul-Konvention. Auch diese, so Weltzukunftsrat-Mitgründer von Uexküll, sei gegen genderspezifische Übergriffe als "inakzeptable Verletzung der Menschenrechte" und mit "ernstzunehmenden Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung und Armutsreduzierung" wirksam. (bri, derStandard.at, 14.10.2014)