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Völlig überzeichnete Diskussion oder bald schon eine akzeptierte Möglichkeit, eine Schwangerschaft auf später zu verschieben?

Foto: apa/Maurizio Gambarini

Wien - "Brutmaschinen auf Abruf" oder "selbstbestimmtes Recht aufs Kind" auch jenseits der 40: Frauen können ihre Eizellen einfrieren lassen, um das Kinderkriegen aus Karrieregründen hinauszuzögern. Diese Möglichkeit der Familienplanung - die in Österreich derzeit verboten ist - wurde Sonntagabend in der ORF2-Sendung "Im Zentrum" diskutiert.

Die Debatte um das sogenannte Social Egg Freezing läuft spätestens auch in Europa, seit bekannt wurde, dass die US-Großkonzerne Facebook und Apple ihren Mitarbeiterinnen einen solchen Eingriff bezahlen. Die technische Möglichkeit dazu besteht in Österreich, hier ist das Einfrieren der Eizellen derzeit aber nur aus medizinischen Gründen erlaubt, etwa wenn eine Frau vor einer Chemotherapie steht und dadurch ihre Reproduktionsfähigkeit in Gefahr ist.

"Gespenstisches" Egg Freezing

"Wider die Natur" sei das Kinderkriegen auf diesem Weg und das Ansinnen "eine Bankrotterklärung des Feminismus", meinte Alice Pitzinger-Ryba vom Verein "Family Business". Sie warnte davor, dass sich Frauen "von Konzernen vorschreiben lassen, wann sie Kinder bekommen". Man müsse alles tun, damit Frauen in ihren Zwanzigern und Dreißigern es schaffen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, forderte Angelika Hager, Journalistin und Autorin. Das Egg Freezing empfindet sie als "beklemmend", es habe etwas Gespenstisches. Hager appellierte zudem, die "Verherrlichung der späten Mutterschaft", wie sie im vergangenen Jahrzehnt stattgefunden habe, "ein wenig zu überdenken", und kritisierte "Methusalemfamilien". Dass das Einfrieren auch in Österreich erlaubt werde, bezweifelt die Journalistin aber nicht: "Die Möglichkeit wird's sowieso geben, da können wir uns gar nicht wehren, weil die Arbeitswelt eingreift und sagt: Eure produktivsten Jahre nehmen wir uns."

Als völlig überzeichnete Diskussion über etwas, das ihrer Meinung nach kein Massenphänomen wird, sieht Teresa Bücker vom Online-Magazin "Edition F" das Einfrieren. Bücker meinte: "Ich hätte es mir auch vorstellen können" und glaubt, dass jüngere Menschen dem Thema aufgeschlossen gegenüberstünden, der Kreis jener, die den Schritt tatsächlich machen würden, aber klein sei. "Es geht häufig darum, den richtigen Partner zu finden und weniger um die Karriere." Der Natur "ein wenig auf die Sprünge zu helfen", sei "nicht schlimm".

Debatte geht weit über das Medizinische hinaus

"Meines Erachtens gibt es keine gewichtigen Gründe, es nicht für alle Frauen zugänglich zu machen", sagte Christiane Druml, Vizerektorin der MedUni Wien u. Vorsitzende der Bioethikkommission. "Ich glaube nicht, dass man das einschränken muss." Der Diskurs gehe weit über das Medizinische hinaus und sei eine gesellschaftspolitische Frage.

Für den Gynäkologen Leonhard Loimer von der "Kinderwunschklinik" reicht das Thema medizinisch und ethisch noch deutlich über die aktuelle Debatte hinaus: "Es wird wahrscheinlich so sein, dass sich keine Frau mehr einen nicht getesteten Embryo einsetzen lassen wird", verwies er auf das Feld der in Österreich verbotenen Präimplantationsdiagnostik. Österreich habe das strengste Fortpflanzungsgesetz in Europa, das teilweise nicht mehr zeitgemäß sei, meinte dazu Druml. Die Möglichkeiten der Präimplantationsdiagnostik könnten Abtreibungen verhindern helfen, sagte die Vorsitzende der Bioethikkommission. (APA, 27.10.2014)