Militärische Auseinandersetzungen sind innerhalb der kurdischen Streitkräfte Syriens und des Irak nicht ausschließlich Sache der Männer. In Syrien kämpfen die kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPG als Miliz der syrisch-kurdischen Partei PYD sowohl gegen das Regime Bashar al-Assads als auch gegen die Islamisten der Terrorgruppe "Islamischer Staat". Zwischen 40.000 und 50.000 Mitglieder zählt die YPG in Syrien, ein Drittel davon sind nach Angaben des YPG-Sprechers Redur Khalil Frauen, die auch ihre eigenen Verteidigungseinheiten YPJ besitzen. Andere Quellen sprechen unter Berufung auf den kurdischen Verteidigungsbeamten in Syrien, Nasser Haj Mansour, von mindestens 10.000 Kämpferinnen.

Jede einzelne von ihnen hat sich innerhalb der letzten zwei Jahre freiwillig für den Einsatz gemeldet. Die meisten sind unverheiratet, aber auch einige Mütter nehmen an dem Kampf teil, wie YPG-Sprecher Khalil sagt. Rund die Hälfte der getöteten mutmaßlichen Islamisten an der irakisch-syrischen Grenze seien durch eine von ihnen gestorben, so YPG-Kommandant Dalil Derki gegenüber dem russischen Sender RT.

Mitglieder der YPJ nahe einer ehemaligen Kaserne der syrischen Armee in der Grenzstadt Til Kocer.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Auch im Irak sind Kämpferinnen und Kämpfer der YPG im Einsatz – und auch dort finden sich in den Reihen der kurdischen Armee, den Peschmerga, einige Frauen. Im Jahr 1996 wurde die weibliche Peschmerga-Einheit gegründet, um sich gegen die Truppen des damaligen Machthabers Saddam Hussein zu verteidigen. Ihnen ist es möglich, in den Reihen der Armee aufzusteigen – allerdings nur bis zur Regimentskommandantin.

Derzeit zählt das Bataillon zwischen 500 und 600 freiwillige Mitglieder, die vor allem in der Region um Kirkuk im Einsatz sind. Dort werden sie auch von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) aus der Türkei unterstützt: Gemeinsam mit den Peschmerga gelang es beispielsweise, die nordirakische Stadt Makmur aus der Gewalt der IS-Miliz zu befreien, dabei waren zahlreiche Frauen im Einsatz. Auch an der Errichtung eines Schutzkorridors für Jesiden im Sinjar Gebirge waren im August sowohl YPJ- als auch PKK-Kämpferinnen beteiligt.

Fast die Hälfte der Mitglieder der PKK, die von der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, sind Frauen. Deren Kampftruppen bestehen zu 40 Prozent aus Frauen, die die gleiche Kampfausbildung wie ihre männlichen Kollegen absolvieren. Die PKK schreibt sich seit Jahrzehnten Gleichberechtigung und Frauenquoten auf die Fahnen: Hohe Positionen werden mit einer Art Doppelvorsitz besetzt - eine Frau und ein Mann teilen sich das Amt.

Bild nicht mehr verfügbar.

Peschmerga-Soldatinnen beim Training Mitte September in Sulaimanijah, 260 Kilometer nördlich von Bagdad.
Foto: EPA/MOHAMED MESSARA

In ihrem Kampf gegen die IS-Miliz können die kurdischen Kämpferinnen Erfolge verbuchen – was nicht an dem Mythos liegt, dass die Islamisten Angst davor hätten, von einer Frau getötet zu werden, weil ihnen das den Weg ins Paradies versperre. Auch die IS-Miliz hat weibliche Brigaden ("al-Khansaa" und "Umm al-Rayan"), deren vollverschleierte Mitglieder an Checkpoints mutmaßliche weibliche Passantinnen überprüfen und auf den von der IS kontrollierten Straßen dafür sorgen sollen, dass alle Frauen ihre strengen Kleidungsvorschriften einhalten.

Viele Frauen in der Region lehnen diese Form der Radikalität jedoch ab und sehen im militärischen Kampf gegen die IS-Miliz eine Möglichkeit dazu, sich aktiv zur Wehr zu setzen.

Vor allem im Kampf um die syrische Stadt Kobane, die kurdische Einheiten seit Mitte September gegen die IS-Miliz verteidigen, erlangten die tödlichen Schicksale einzelner Kämpferinnen Bekanntheit.

Zuletzt hörte man von der kurdischen Kämpferin Rehana, von der man sich erzählt, sie habe mehr als 100 IS-Kämpfer getötet, sei nun aber den Islamisten in die Hände gefallen und von ihnen enthauptet worden. Zwei weitere kurdische Kämpferinnen sollen nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte ebenfalls entführt und von der IS-Miliz getötet worden sein.

Bild nicht mehr verfügbar.

Trauer nach dem Tod der 20-jährigen kurdischen Kämpferin Hanim Dabaan an der syrisch-türkischen Grenze.
Foto: AP Photo/Lefteris Pitarakis

Anfang Oktober hatte sich Deilar Kanj Khamis, auch bekannt unter ihrem Kampfnamen "Arin Mirkan", nahe Kobane in die Luft gesprengt und dabei zahlreiche IS-Kämpfer mit in den Tod gerissen. Sie gilt als erste Selbstmordattentäterin in den Reihen der Kurden seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs im Frühjahr 2011.

Die 19-jährige Ceylan Özalp, auch bekannt als "Diren", wurde von Islamisten der IS-Miliz umstellt und setzte ihrem Leben mit ihrer letzten verbliebenen Kugel ein Ende. Sie würde eher sterben, als sich von der IS-Miliz gefangen nehmen zu lassen, hatte sie noch kurz zuvor in einem BBC-Interview gesagt. (Noura Maan, derStandard.at, 31.10.2014)