STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid leitete am Dienstag die Diskussion "Enhancing Women's Share in Peace and Security".

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UN-Diplomat Anwarul K. Chowdhury war im Jahr 2000 Initiator der UN-Resolution 1325 zur Rolle von Frauen in kriegerischen Auseinandersetzungen und Friedensprozessen.

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Die geschäftsführende Direktorin der UN-Frauen Lakshmi Puri betonte in der Diskussion, dass es Aufgabe der UN sei, die Standards in Bezug auf Frieden und Sicherheit voranzutreiben.

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Als österreichische Teilnehmerin drängte Ex-Außenministerin Ursula Plassnik darauf, dass die UN verstärkt gegen Genitalverstümmelung von jungen Mädchen und Frauen auftritt.

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Im Jahr 2000 hielt der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in seiner Resolution 1325 fest, dass "insbesondere Frauen und Kinder die größte Mehrheit der von bewaffneten Konflikten betroffenen Personen" seien. Frauen stellen einen großen Teil der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen und werden in zunehmendem Maße in Krisensituationen gezielt angegriffen. Der Sicherheitsrat forderte die UN-Mitgliedsstaaten daher auf, dafür zu sorgen, dass Frauen in den nationalen und internationalen Strukturen des Friedens- und Sicherheitsbereichs auf allen Entscheidungsebenen stärker vertreten werden. Österreich verabschiedete bereits 2007 einen nationalen Aktionsplan zu diesem Thema.

"Es geht um Humanität"

Die Resolution 1325 zur Rolle der Frau in kriegerischen Auseinandersetzungen und Friedensprozessen galt als Diskussionsgrundlage einer Gesprächsrunde am Montag. Von STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid moderiert, war sie der Auftakt des zweitägigen Symposiums "Enhancing Women's Share in Peace and Security".

Eröffnet wurde die Veranstaltung von Johann Frank, Leiter der Direktion für Sicherheitspolitik im Verteidigungsministerium. Er betonte in seiner Ansprache, dass es momentan wichtiger denn je sein, dass mehr Frauen an Friedensmissionen teilnehmen. Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass Frauen in Kriegen vermehrt Opfer von sexueller Gewalt seien, wäre die Präsenz von Frauen in solchen Missionen von großer Bedeutung, sie würde in vielen Situationen deeskalativ wirken. Weibliche Opfer würden zu ihnen schneller Vertrauen aufbauen und an Frauen eher sexuelle Übergriffe melden.

Frieden mit Gleichstellung verbunden

"Das Wichtigste der Resolution 1325 ist, dass es um Gleichberechtigung geht. Es geht nicht nur darum, dass mehr Frauen in den Missionen teilnehmen, sondern es geht um Humanität", betonte Anwaruk Chowhury, UN-Diplomat und Initiator der Resolution 1325. Chowhury erinnerte sich daran, als er zum Internationalen Frauentag am 8. März 2000 bereits die Resolution verabschieden wollte: "Die Reaktionen reichten von Indifferenz bis hin zur Belustigung."

Viele hätten damals keinen Profit darin gesehen, Frauen stärker in den Sicherheitsbereich einzubeziehen. So kam es damals nur zu einem politischen Statement, das erstmals betonte, dass Frieden direkt mit der Gleichstellung von Frauen verbunden sei, erinnerte sich Chowhury. Die Resolution 1325 wurde noch im Oktober des gleichen Jahres verabschiedet. "Wenn wir es mit dem Wunsch nach Frieden ernst meinen, müssen wir beginnen, Frauen ernst zu nehmen", forderte Chowhury. Die Zivilgesellschaft müsse aufstehen und sich für die Gleichstellung von Frauen engagieren.

Europa muss handeln

"Europa könnte es besser machen", entgegnete Ex-Außenministerin Ursula Plassnik. Es würde zu wenig dafür tun, dass die Resolution zufriedenstellend implementiert wird. Das Thema der Rolle der Frau in Auseinandersetzungen und Friedensfindung gehöre stärker in der Außenpolitik positioniert. Und dürfe nicht mehr von "Spam-Filtern" zur Seite gedrängt werden. Gerade bei solchen Themen sei es besonders wichtig, dass Frauen nicht nur untereinander blieben, sondern auch männliche Unterstützer hätten. "In der EU müssen wir nicht mehr darüber diskutieren, dass die Gleichstellung der Frauen wichtig ist", sagt Plassnik, dies stünde zwar außer Frage, aber "wir müssen endlich was tun – es gibt noch immer Länder in der EU, die keine einzige Frau in der Regierung haben", kritisierte sie Ungarn.

Schwierige Rolle der Medien

Plassnik rief weiters die UN dazu auf, verstärkt gegen die Genitalverstümmelung von jungen Mädchen und Frauen aufzutreten, schließlich gäbe es 29 Länder, die diese Praxis akzeptieren würden: "Wenn das, was diesen Frauen angetan würde, Männern angetan würde, wäre es schon lang abgeschafft."

Die Medien hätten eine schwierige Rolle, wenn es um die Situation von Frauen in Kriegsgebieten geht, sagte May Chidiac, Frauenrechtlerin und Gründerin eines eigenen Medieninstituts. Ihr Heimatland ist etwa "umgeben von der IS", sagte die Libanesin, die Medien würden die "schrecklichen Dinge", die die IS ("Islamischer Staat", Anm. der Redaktion) Frauen antut, aufzeigen. Allerdings habe die IS kein Problem mit der Darstellung von Gewalt gegen Frauen und verbreitet ihre Taten selbst über soziale Medien, erklärte Chidiac.

Alle Formen von Absolutismus würden zu Gewalt führen, betonte auch Hanan Ashrawi, Politikerin der palästinensischen Partei "Dritter Weg". Oft würde die Gewalt zwar gegen Frauen gerichtet, aber das Ziel seien alle Menschen: "Es gibt andauernde Gewalt gegen Frauen, über die die Medien nicht berichten."

Frauen zu wenig sichtbar

Als "historischen Moment" bezeichnete die geschäftsführende Direktorin der UN-Frauen Lakshmi Puri das Symposium in Wien. "Wir arbeiten zum 15. Jubiläum der Resolution 1325 hin", sagte Puri. Die Rolle und Partizipation von Frauen, ihre Mitbestimmung und Führung sei daher besonders wichtig für Konfliktlösungen und Friedensprozesse, betonte Puri, die an die Österreicherin Bertha von Suttner - die erste Friedensnobelpreisträgerin - erinnerte: "Frauen, Frieden und Sicherheit sind eine wichtige internationale Angelegenheit."

Dabei ginge es nicht nur um Frauen und Gleichberechtigung, sondern um den Frieden selbst, "die Gesellschaft würde von einer stärkeren Partizipation von Frauen an Friedensprozessen profitieren". Die Rolle von Frauen sei bis heute oft nicht sichtbar, meinte Puri. "Wir haben noch einen weiten Weg zu gehen, dafür braucht es politische und finanzielle Investitionen", sagte die UN-Frauenrechtlerin. (Oona Kroisleitner, dieStandard.at, 4.11.2014)