Tauchen ohne Luftblasen: In einem steirischen Tauchtechnik-Unternehmen wird ein neuartiges Kreislauftauchgerät entwickelt, das mit verschiedenen Sauerstoffsensoren eine problemlose Atemluft-Versorgung absichert.

Foto: Seabear Diving

Graz - Urlauber schweben zwischen Wracks und Korallen. Archäologen graben im Meeresschlick nach Kunstschätzen. Unterwasserarbeiter reinigen den Unterbau einer Bohrinsel. Die meisten Menschen, die sich beruflich oder zum Vergnügen unter Wasser aufhalten, schnallen sich dazu Pressluftflaschen auf den Rücken und beißen in das Mundstück eines Atemreglers. Das einfache und relativ sichere System des sogenannten Scuba-Tauchens begleitete in den vergangenen Jahrzehnten den Aufstieg der Sportart zum Breitenphänomen.

Daneben gibt es aber noch weitere Spielarten des autonomen Gerätetauchens. Eine davon ist das Kreislauftauchgerät, das die ausgeatmete Luft des Tauchers immer wieder recycelt und mit Sauerstoff anreichert. Diese sogenannten Rebreather sind besonders im militärischen Umfeld verbreitet, finden aber auch unter Sporttauchern zunehmend Anwendung. Sie sind leichter, lassen längere und tiefere Tauchgänge zu und geben die verbrauchte Atemluft nicht in das umgebende Wasser ab. Keine Luftblasen verschrecken die umgebende Unterwasserfauna. Der Nachteil: Die Technik ist relativ komplex und dementsprechend anfällig für Defekte.

Tauchgeräte bauen als Hobby

Arne Sieber macht sich seit vielen Jahren Gedanken zur Funktionsweise von Tauchsystemen. Schon als Kind hat er tauchen gelernt, und nach einem Studium der Medizintechnik an der TU Graz ist er irgendwann auf eine nicht alltägliche Freizeitbeschäftigung gekommen: "Ich habe angefangen, als Hobby Tauchgeräte zu bauen", sagt er. Nach mehrjährigen Arbeitsaufenthalten und einschlägiger Entwicklungstätigkeit in Forschungslabors in Italien und Schweden hat er das einstige Hobby vollends zum Beruf gemacht und das Unternehmen Seabear Diving Technology gegründet. In Graz und Leoben wird innovatives Tauchequipment - etwa spezielle Tauchcomputer - entwickelt.

Auch für die Technik des Kreislauftauchens hat Sieber neue Ideen. Er hat mehrere Patente angemeldet, die zur Grundlage eines neuartigen Rebreather-Systems wurden. Seit 2013 arbeitet er mit Kollegen in einem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG unterstützten Projekt an einem neuen Gerät, das Kreislauftauchen sicherer machen soll. Das Start-up wurde im Rahmen des Preseed-Programms der Förderagentur AWS unterstützt und kooperiert mit der Montanuniversität Leoben, der Uni Graz und Hochschulen in Split, Trondheim und Göteborg.

Bereits der österreichische Meeresforscher und Tauchpionier Hans Hass hat in den 1940er-Jahren an der Entwicklung eines Kreislauftauchgeräts mitgearbeitet. Bei diesen Geräten wird die ausgeatmete Luft in einer "Gegenlunge" aufgefangen. Spezielle CO2-Filter binden den Kohlendioxid-Anteil. Mit neuem Sauerstoff, der aus einer kleinen Druckflasche zugeführt wird, wird aus dem Gas wieder frische Atemluft. Beim technischen Tauchen in großen Tiefen wird oft eine zweite Druckflasche mit dem Verdünnungsgas Helium mitgeführt, um der Stickstoffnarkose - Tiefenrausch - vorzubeugen. "Ein Equipment mit normaler Pressluftflasche wiegt 20 Kilogramm, und man hat eine typische Tauchzeit von 45 Minuten. Mit einem Kreislauftauchgerät, das etwa zwölf Kilo wiegt, kann man dagegen vier bis sechs Stunden unterwegs sein", hebt Sieber die Vorteile des Rebreathers hervor.

Allerdings: "Wenn die Sauerstoffsteuerung nicht perfekt funktioniert, wenn zu viel oder zu wenig Sauerstoff zugeführt wird, kann das Kreislauftauchen sehr schnell lebensbedrohlich werden." Kernstück der Technik sind sogenannte galvanische Sauerstoffsensoren, die mithilfe einer chemischen Reaktion die Konzentration des Gases messen. Auf Basis der Messdaten steuern heute zumeist elektronische Systeme die Sauerstoffdosierung, die auch von der aktuellen Tauchtiefe abhängig ist.

"Die Sauerstoffsensoren wurden ursprünglich für medizinische Zwecke entwickelt. Sie sind für normalen Atmosphärendruck ausgelegt. Wenn man damit tauchen geht, sind sie bis zum 15-fachen dieses Drucks ausgesetzt" , beschreibt Sieber ein Problem der Rebreather-Technik. "Sie müssen oft hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit widerstehen und können leicht ausfallen."

Ein Sensor zum Durchatmen

Eine Erfindung soll diese Gefahr entschärfen: "Unser Ansatz ist ein System mit zwei Sensortypen. Zusätzlich zu zwei galvanischen Sauerstoffsensoren kommt ein optischer Sensor zum Einsatz", erklärt Sieber. Die Neuentwicklung basiert auf Farbpigmenten, die unter blauem Licht fluoreszieren. Die Intensität der Fluoreszenz, also des emittierten Lichts, wird gemessen und gibt Aufschluss über den Sauerstoffgehalt. "Wir sind die ersten Hersteller, die solche Sensoren für ein Kreislaufgerät herstellen", sagt Sieber.

Der Vorteil des Ansatzes liege auf der Hand: "Die zwei komplett unterschiedlichen Sensorsysteme können nie gleichzeitig wegen desselben Fehlers ausfallen", erklärt der Tauchtechniker. Die Daten der beiden unterschiedlichen Sensortypen werden dabei computergesteuert abgeglichen. "Ein Sensorfusions-Algorithmus führt die Daten aus beiden Quellen zusammen und erkennt, ob eine davon unrealistische Werte anzeigt. Sobald das der Fall ist, wird der Taucher aufgefordert, aufzutauchen."

Die Entwickung sei vorerst auf Sport- und Freizeittaucher ausgelegt, sagt Sieber. Nachdem Tauchausbildner mit der Technik vertraut gemacht worden sind, soll das System noch im Jahr 2015 in den Fachhandel kommen. (Alois Pumhösel, DER STANDARD, 19.11.2014)