Istanbul - Die islamisch-konservative Regierung in der Türkei hat am Donnerstag ein Maßnahmenpaket zur Erhöhung der Geburtenrate vorgestellt - eine Priorität für Präsident Recep Tayyip Erdogan. Die Maßnahmen seien notwendig, da angesichts der alternden Gesellschaft die wirtschaftliche Zukunft der Türkei "auf dem Spiel" stehe, sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu bei der Vorstellung des Reformpakets.

Die Geburtenrate von 2,1 Kindern pro Frau müsse beibehalten werden. "Die Wirtschaft kann nach einer Krise wiederhergestellt werden, aber wenn das Gebilde der Familie beschädigt wird, können wir das nicht wiederherstellen", sagte er.

Konkret sehen die Maßnahmen für Mütter vier Monate voll bezahlten Mutterschutz vor; außerdem sollen sie künftig in Teilzeit arbeiten können, bis das Kind fünf Jahre alt ist. Die Kosten trägt die Regierung. Für jedes Kind erhalten Paare künftig zur Geburt umgerechnet 220 Euro als Einmalzahlung.

Geburtenkontrolle sei "Verrat"

Erdogan macht keinen Hehl daraus, dass türkische Frauen nach seiner Vorstellung mehr Kinder bekommen sollten. "Ein Kind bedeutet Einsamkeit, zwei bedeuten Rivalität, drei bedeuten Gleichgewicht und vier bedeuten Reichtum", hatte er im Dezember verlauten lassen. Zudem hatte er kürzlich erklärt, dass Frauen und Männer nicht gleich seien und Geburtenkontrolle als "Verrat" bezeichnet. Gesundheitsminister Mehmet Muezzinoglu sorgte mit der Aussage für Empörung (dieStandard.at berichtete), dass die vorrangige "Karriere" von Frauen die Mutterschaft sein solle.

Davutoglu distanzierte sich davon am Donnerstag leicht und erklärte, Frauen sollten nicht zwischen Mutterschaft und Karriere wählen müssen. Seine eigene Frau arbeitet als Gynäkologin.

Hatte die Türkei 1950 noch 20 Millionen EinwohnerInnen, sind es heute 76 Millionen. 24 Prozent der Bevölkerung sind jünger als 15 Jahre. Das Bevölkerungswachstum hat sich zuletzt aber abgeschwächt und lag im vergangenen Jahr bei einem Prozent. (APA/AFP, 9.1.2015)