In Deutschland wurde 2014 eine Frauenquote für Aufsichtsräte beschlossen. Österreichs Frauenpolitikerinnen setzen "positive Diskriminierung" per Gesetz nicht auf ihre Agenda.

Mit "Repräsentation" lässt sich das frauenpolitische Jahr 2014 gut beschreiben. Über die Repräsentation von Frauen in Parteien durch eine Frauenquote stritt die SPÖ, über Repräsentation von Frauen in der Sprache das ganze Land. Es waren keine selbstgewählten Schwerpunkte der Frauenpolitikerinnen. Die aufwallende Quotendebatte wurde durch das frei gewordene Nationalratsmandat aufgrund des Todes von Barbara Prammer ausgelöst, die hitzige Debatte um die Töchter in der Bundeshymne durch den Sänger Andreas Gabalier und seiner Präferenz für die alte Textversion. Ein offener Brief gegen geschlechterneutrale Sprache erledigte den Rest.

Welche - selbstgewählten - Schwerpunkte nehmen sich die Zuständigen heuer vor, um der faktischen Gleichberechtigung auf die Sprünge zu helfen? Wollen sie bei der hartnäckigen Lohnschere von rund 22 Prozent ansetzen? Oder bei der ungleichen Verteilung von unbezahlter Arbeit?

Finanzielle Konsequenzen

  • SPÖ: Evaluation, Information und Bewusstseinsbildung sind einmal mehr die Werkzeuge der SPÖ. Seit 2011 sind auf Bestreben der Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek Unternehmen zur Einkommenstransparenz und Gehaltsangaben in Stelleninseraten verpflichtet, allerdings ohne Sanktionen bei Nichteinhaltung. Inwieweit diese Maßnahmen gegen die Lohnschere wirksam sind, soll bis Mitte 2015 evaluiert werden. Weitere Stichwörter aus dem Frauenministerium lauten: Frauengesundheit und Pensionen. Ein Aktionsplan soll bis Ende 2015 konkrete Strategien für Frauengesundheit festlegen und eine Broschüre über finanzielle Konsequenzen von Teilzeit und Berufsunterbrechungen aufklären. Und wie schon in den Jahren davor bittet die Frauenministerin Mädchen und Frauen in die Technik - dieses Jahr mit einer neuen Online-Plattform, die über Förderungen und Projekte informiert.
  • ÖVP: Frauenchefin Dorothea Schittenhelm hievt vor allem Frauengesundheit auf ihre Agenda. Sie fordert ein umfassenderes Programm für die Brustkrebsvorsorge. Schittenhelm kritisiert, dass das Screeningprogramm derzeit nur für 45- bis 69-Jährige vorgesehen ist, und fordert diese Vorsorge auch für alle Jüngeren und Älteren. Für die Osteoporose-Prävention, die in manchen Bundesländern von den Krankenkassen ab 50 Jahren und älter finanziert wird, fordert sie ein einheitliches Alter weit vor dem 50. Lebensjahr für alle Bundesländer.

Gender-Budgeting einfordern

  • Die Grünen: Frauensprecherin Berîvan Aslan möchte 2015 vorrangig Gender-Budgeting behandeln. Seit 2009 ist eine geschlechtergerechte Budgetgestaltung in der österreichischen Verfassung verankert und von den Ministerien zu berücksichtigen. Trotzdem sei bei frauenpolitischen Maßnahmen die Finanzierung oft völlig unklar, kritisiert Aslan und nennt als konkretes Beispiel den Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen. Die Grünen planen Ende Jänner einen Roundtable zum Sexualstrafrecht, bei dem mögliche Lücken und Verbesserungen analysiert werden sollen. Mit Änderungsvorschlägen für das Sexualstrafrecht könnten sie bei Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) möglicherweise offene Türen einrennen. Er kündigte bereits im Dezember an, einen eigenen Tatbestand "Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung" einführen zu wollen. Bedarf sieht Aslan auch in Vereinen für Migranten und Migrantinnen: "Es müssen mehr Frauen in deren Vorstände, zu oft sind sie nur für das Buffet zuständig".
  • Team Stronach: Klubobfrau Kathrin Nachbaur machte heuer die erste frauenpolitische Ansage und forderte im staatsnahen Bereich eine verpflichtende Frauenquote von 50 Prozent in Aufsichtsräten. "Staatliche Unternehmen sollen Vorbilder für Private sein", denen Nachbaur aber keine Vorschriften mache will. Dem Handel möchte sie einen "Denkanstoß" für eine 20-prozentige Gehaltserhöhung geben, die für Konsumenten und Unternehmer zu verkraften wäre. Die Personalkosten würden nur um zwei Prozent steigen, eine Jacke statt 29,90, 30,34 kosten, rechnet Nachbaur vor, "ein kaum wahrnehmbarer Unterschied".
  • FPÖ: Zurück zur alten Bundeshymne ohne Töchter und gegen das Binnen-I, daran will FPÖ-Frauensprecherin Carmen Schimanek 2015 festhalten. Ebenso an der Forderung nach einem Verbot von Vollverschleierung im öffentlichen Raum und nach dem Verbot von Fußfesseln für Sexualstraftäter.
  • Neos: Die Neos fordern "echte Wahlfreiheit" durch ausreichend hochwertige Kinderbetreuung. Als Maßnahme für fairere Bezahlung schlagen sie eine Analyse der Kollektivverträge vor und einen Maßnahmenkatalog mit Anleitungen für eine gendergerechte Arbeitsbewertung, in der etwa Elternkarenzzeiten als Dienst- und Vordienstzeiten berücksichtigt werden. Und weil den Neos eine Frau im Parlament doch zu wenig ist, wird es ein "Promotoren-Programm" geben: Neos-Spitzenfunktionäre sollen dabei Frauen bei der politischen Karriere anleiten. Parteivorsitzender Matthias Strolz kündigte an, gleich zwei "Patenschaften" zu übernehmen. (Beate Hausbichler, DER STANDARD, 19.1.2015)