Jochmann arbeitete schon mit 14 in einer Fabrik, mit 20 kämpfte sie für die Rechte ihrer Kollegen und Kolleginnen.

Foto: SPOE Bundesfrauen

Es sind keine großen Worte, die an Rosa Jochmann erinnern, es ist ihr Handeln. Ein eindrucksvolles Beispiel für dieses Handeln ist, als sie als "Blockälteste" der politischen Häftlinge im KZ Ravensbrück bei Heinrich Himmler um Freilassung hätte bitten dürfen. Doch sie wollte weder "bitten" noch ihre Mitgefangenen im Stich lassen.

Ravensbrück war nicht die erste politische Gefangenschaft von Jochmann, die sich schon früh politisierte. Am 19. Juli 1901 wurde Jochmann in Wien-Brigittenau als viertes von sechs Kindern geboren. Schuhe dürfen die Kinder nur im Winter oder zu besonderen Anlässen tragen, ansonsten gingen sie barfuß. Rosas Vater ist Eisengießer, ihre Mutter Wäscherin. Sie erkrankt an multipler Sklerose und stirbt, als Rosa 14 Jahre alt ist. Das Kind muss nun nicht nur den Haushalt führen, sondern arbeitet auch in der Fabrik, oft mehrere Schichten hintereinander. Was sie als Recht oder Unrecht empfand, artikuliert Jochmann schon früh deutlich. Als 20-Jährige arbeitet sie und zwei ihrer Schwestern in einem Saisonbetrieb.

"Betriebsratsobmann" mit 20

Bei einer Versammlung setzte sich die junge Arbeiterin für eine Putzfrau ein, die bei den Lohnerhöhungen übergangen wurde. Mit Anfang zwanzig ist sie "Betriebsratsobmann". In dieser Funktion musste sie auch Kündigungslisten zusammenstellen. Obwohl es in ihrer eigenen Familie an allem fehlte, standen auf diesen Listen immer auch die Namen ihrer Schwestern, um andere zu schonen.

Mit 25 Jahren konnte sie durch ihre Arbeit als Sekretärin für die Chemiearbeitergewerkschaft für ein halbes Jahr auf die Arbeiterhochschule, wo auch der Austromarxist Otto Bauer unterrichtete.

Ihre politische Laufbahn begann Jochmann in der Frauenorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, 1933 wurde sie als Frauenzentralsekretärin in den Parteivorstand gerufen. Nach dem Verbot der Sozialdemokratischen Partei 1934 gehörte sie zu jenen, die Otto Bauer zur Flucht drängten. Sie selbst blieb und gründete mit anderen die Revolutionären Sozialisten. 1934 wird sie wegen der Verbreitung illegaler Schriften verhaftet und zu schwerem Kerker verurteilt. Vor Gericht sagt sie: "Ich habe in meinem Leben viel Not und Elend gesehen. Das Leben hat mich zur Sozialistin gemacht. Ich bin, ich war und werde immer Sozialistin bleiben."

Bunkerhaft in absoluter Dunkelheit

Nach ihrer Freilassung 1935 setzt sie ihren Widerstand fort. 1939 folgt die nächste Verhaftung, diesmal von der Gestapo, 1940 kommt sie nach Ravensbrück - wo sie auch sechs Monate in der absoluten Dunkelheit der Bunkerhaft erleben muss. Als das Lager 1945 von russischen Truppen befreit wird, will sie diejenigen nicht zurücklassen, die aus eigener Kraft das Lager nicht verlassen können. Erst als klar wurde, dass das Warten auf die österreichische Regierung, um die Kranken abzuholen, vergebens ist, macht sie sich mit ihrer Lagergefährtin Friedl Sedlacek auf den Weg in Richtung Wien, um Transportautos zu organisieren.

Ihre politische Arbeit nahm sie 1945 wieder auf, diesmal im Nationalrat (bis 1967), wo sie sich in das "Biographische Handbuch des Nationalrats" schlicht als "Arbeiterin" eintrug. Jochmann wäre am liebsten Lehrerin geworden. Diesem Wunsch kam sie als unermüdliche Zeitzeugin in zahlreichen Vorträgen an Schulen sehr nahe. Als Rosa Jochmann am 28. Jänner 1994 in Wien stirbt, schreibt die Autorin Christine Nöstlinger: "Sie hat mehr Schüler von braunen 'Ideen' abgehalten als sonst wer." (Beate Hausbichler, DER STANDARD, 6.2.2015)