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Kinderlose Frauen sind in vielfältiger Weise generativ tätig, etwa als Tante oder große Freundin.

Foto: ap/Elizabeth Lara

Salzburg – Kinderlos zu bleiben, wird in unserer Gesellschaft negativ beurteilt. Gleichzeitig nimmt die Zahl der kinderlosen Frauen zu. Kinder oder keine Kinder – im Alter beschäftigt diese Entscheidung besonders Frauen noch einmal.

Die Salzburger Gerontologin Sonja Schiff hat in einer Studie das Älterwerden kinderloser Frauen untersucht und Unterschiede zwischen gewollt und ungewollt kinderlosen Frauen festgestellt. "Je mehr die Frau selbst die Entscheidung trifft, kinderlos zu sein, umso positiver wirkt sich das auf ihr Leben aus", sagt Schiff im Gespräch mit dieStandard.at. Frauen, die diese Entscheidung nicht aktiv getroffen haben und etwa aus körperlichen oder privaten Gründen ungewollt keine Kinder bekommen konnten, hätten im Alter oftmals eine "unglaubliche Wehmut und das Gefühl, etwas versäumt zu haben", erklärt die Gerontologin die Untersuchungsergebnisse. "Den Frauen tut es leid, keine Enkelkinder zu haben, vor allem wenn Freundinnen dann Enkelkinder bekommen." Die Ergebnisse beruhen auf qualitativen Interviews mit kinderlosen Frauen im Alter zwischen 55 und 75 Jahren.

Der Grund für die Kinderlosigkeit wirke sich auch auf das Älterwerden aus: Gewollt kinderlose Frauen hätten einen positiveren Blick auf ihr Altern und relativ klare Pläne für den Fall von Pflegebedürftigkeit. Sie würden mehrheitlich davon ausgehen, bis ins hohe Alter aktiv und selbstbestimmt zu leben. Ungewollt kinderlose Frauen hingegen hätten Angst, im hohen Alter jemanden zu belasten, entwickeln aber gleichzeitig weniger klare Szenarien für den Fall von Pflegebedürftigkeit, heißt es in der Studie.

Jede fünfte Frau über 40 Jahren bleibt kinderlos

Laut der europäischen Vergleichsstudie "Generations and Gender Survey" (GGS), die sich mit Veränderungen in Familienbildungsprozessen beschäftigt, bleibt jede fünfte Frau über 40 Jahren kinderlos. Je höher der Bildungsgrad, desto höher ist auch der Anteil der Kinderlosen: Bei Frauen mit einem Pflichtschulabschluss bleiben rund zwölf Prozent kinderlos, bei Frauen mit Universitätsabschluss sind es 30 Prozent, erläutert Isabella Buber-Ennser vom Institut für Demografie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Bei Frauen, die als Wissenschaftlerinnen oder Universitätsbedienstete tätig sind, liege der Anteil sogar bei 45 Prozent.

Bei der Erstbefragung im Jahr 2009 wollte ein Viertel der Befragten innerhalb der nächsten drei Jahre ein Kind. Bei der Realisierung des Kinderwunsches zeigen sich markante Unterschiede nach dem Alter: Bis Mitte 30 realisierte seither die Hälfte der Frauen ihren Kinderwunsch, im Alter von 35 bis 39 ist es nur noch weniger als ein Viertel der Frauen und bei den über 40-Jährigen nur noch drei Prozent. "Nach 40 ist es sehr schwierig, das noch zu realisieren. Aus den unterschiedlichsten Gründen, entweder weil es biologisch nicht funktioniert oder weil sich die Frauen entschlossen haben, doch kein Kind mehr haben zu wollen", sagt Buber-Ennser.

Kinderlose Frauen unterstützen jüngere Generation

Die qualitative Studie von Sonja Schiff beleuchtete zudem, was kinderlose Frauen zum Generationenvertrag beitragen. Die Ergebnisse zeigen, dass Kinderlose in vielfältiger Weise generativ tätig sind, etwa als Tante, große Freundin, Lehrende oder Politikerin. "Sie begleiten junge Menschen emotional, geben Werte und Wissen weiter oder kämpfen für eine bessere Welt." Zudem erbringen einige kinderlose Frauen ähnlich wie Großeltern materielle Transferleistungen. Sie machen größere Schenkungen an Nichten oder Neffen, unterstützen diese mit kleineren Geldbeträgen oder vererben ihr Vermögen an die jüngere Generation der Familie.

Abschied nehmen vom Kinderwunsch

Insgesamt habe die Studie gezeigt, betont Schiff, dass es für ungewollt kinderlose Frauen wichtig sei, irgendwann die Entscheidung für die Kinderlosigkeit zu treffen und das Leben als kinderlose Frau als Chance zu begreifen. "Die Frau sollte selbst Abschied nehmen von einem unerfüllten Kinderwunsch", rät Schiff. Denn Frauen, denen die Entscheidung keine Kinder zu kriegen, etwa von einem Arzt abgenommen werde, weil es körperlich nicht mehr möglich sei, würden auch im Alter noch diese "Wehmut" in sich tragen.

Zusammen mit der klinischen Psychologin und Gesundheitspsychologin Stefanie Zauchner-Mimra bietet Sonja Schiff im Mai ein Seminar für kinderlose Frauen an. Ziel sei es, Frauen nachträglich zu unterstützen, ihre Kinderlosigkeit zu verarbeiten, damit sie diese nicht mehr als Mangel sehen. Das Seminar wendet sich an Frauen, die unter ihrer ungewollten Kinderlosigkeit leiden, nach erfolglosen reproduktionsmedizinischen Maßnahmen ihren Kinderwunsch loslassen wollen oder sich mit einem möglichen kinderfreien Leben beschäftigen wollen. (Stefanie Ruep, dieStandard.at, 13.02.2014)