Durch den Finanzcrash 2008 segelte die britische Großbank HSBC weitgehend unbeschadet, ihr Chairman veröffentlichte ein vielbeachtetes Buch über Bankenethik. Da konnte leicht der Eindruck entstehen, die zweitgrößte Bank der Welt genieße in der schwer gebeutelten Branche einen Sonderstatus. Weit gefehlt.

HSBC-Angestellte steckten tief drin in den Manipulationen am Devisenmarkt, die 2014 die City of London erschütterten. Die Lateinamerika-Tochter des Konzerns machte sich der Geldwäsche für mexikanische Drogenbosse schuldig. Schweizer HSBC-Privatbanker halfen Tausenden von Kunden bei der Steuerhinterziehung. Er könne nun mal nicht für jeden seiner 257.000 Angestellten einstehen, sagt Konzernchef Stuart Gulliver fast ein wenig beleidigt.

Dass der Chef in seiner britischen Heimat bevorzugten Steuerstatus in Anspruch nimmt; mit fadenscheinigen Argumenten bei der Konzerntochter im Niedrigsteuerland Holland angestellt ist; jahrelang seine Bezüge auf ein Schweizer Konto zahlen ließ, das auf eine Briefkastenfirma in Panama lautete - all dies findet Gulliver (Jahresgehalt: zehn Millionen Euro) "ganz alltäglich". Da offenbart sich ein gefährlicher Realitätsverlust. Gefragt sind deshalb Politik und Gesellschaft. Dem HSBC-Boss und seinen Pendants in der Branche sollten Aufseher und Politiker klar sagen: Euer dauerndes ethisches Versagen, gepaart mit obszönen Millionengehältern, wird nicht mehr hingenommen. (Sebastian Borger, DER STANDARD, 24.2.2015)