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Ein Bild, das die Fantasie der Geostrategen im heutigen Peking vermutlich beflügelt: Modellnachbau der Flotte des chinesischen Entdeckers Zheng He in einem Museum in Kunming. Zheng stieß zwischen 1405 und 1433 mit mehr als hundert Schiffen und 25.000 Mann bis zur Ostküste Afrikas vor.

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Außenminister Wang Yi vor der Presse in Peking: Kooperation mit Moskau nach "Bedürfnissen beider Staaten".

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Pekings Führung will die 70-Jahr-Feiern zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs für eine außenpolitische Offensive nutzen. Präsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin werden jeweils an den im Mai in Moskau und Anfang September in Peking geplanten Militärparaden zum Jubiläum des Sieges über Deutschland und Japan teilnehmen. Beide Staaten wollen auch ihre außenpolitischen Initiativen im UN-Sicherheitsrat enger koordinieren, sagte Außenminister Wang Yi am Sonntag auf seiner traditionellen Jahrespressekonferenz am Rande des Volkskongresses. China werde sich "als starke Macht für den Frieden präsentieren, die aus den Lektionen der Vergangenheit gelernt hat und in die Zukunft blickt".

Auf die Frage eines japanischen Journalisten, ob Peking zur Militärparade am 3. September als Zeichen seiner Dialogbereitschaft auch Japans Premier Shinzo Abe einladen werde, antwortete Wang, China werde "alle Führer aus allen relevanten Staaten und internationalen Organisationen einladen, die ernsthaft kommen wollen". Es hänge von Japan ab, ob es "seine Geschichte weiter als Bürde tragen" oder einen klaren Trennstrich zur Vergangenheit ziehen wolle: "Vor 70 Jahren verlor Japan den Krieg. 70 Jahre später sollte es nicht sein Gewissen verlieren."

Streit um Inseln

Die Gedenkfeiern spielen für das außenpolitisch immer stärker auftretende China eine wichtige Rolle. Peking hofft, seinen Anspruch auf den Besitz einiger Inseln im Ostchinesischen Meer, über die es mit Tokio streitet, zusätzlich legitimieren zu können. In den Vereinbarungen der Siegermächte von 1945 wurden einige von Japan im Weltkrieg besetzte Inseln China zugesprochen. Peking sucht nun auch Unterstützung von russischer Seite: Beide Staaten würden zusammenarbeiten, wenn es um die Umsetzung der Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs gehe, sagte Wang Yi.

Der international unter Druck stehende Putin erhält aus Peking wirtschaftliche und praktische Rückendeckung. Chinas Zusammenarbeit mit Russland basiere auf den "Bedürfnissen beider Staaten" und richte sich nicht gegen Dritte, erklärte Wang. Als Handelsziel strebten beide Staaten 2015 ein Volumen von 100 Milliarden US-Dollar an. Sie wollen beim Bau von Atomkraftwerken, einer Hochgeschwindigkeitsbahn und eines Passagierflugzeugs zusammenarbeiten und neben dem Vorantreiben der Gaspipeline-Ostroute eine weitere Westroute vereinbaren.

Als Schwerpunkt der chinesischen Außenpolitik nannte Wang auch die wirtschaftsstrategische Expansion seines Landes über den Ausbau der historischen Seidenstraßen und von Wirtschaftskorridoren. Sie sollen China mit Zentralasien, Russland und Europa verbinden und über das Meer nach Südostasien und bis nach Afrika führen. Peking hat aus Devisenreserven spezielle Fonds eingerichtet, um Infrastrukturprojekte zu finanzieren, darunter einen 40 Milliarden US-Dollar schweren Seidenstraßenfonds. Die "Seidenstraßen- und Korridorinitiativen" seien jedoch keine "Werkzeuge der Geopolitik" und sollten nicht mit der "überholten Mentalität aus Zeiten des Kalten Krieges" betrachtet werden. Die Seidenstraßen-Entwicklingsstrategie sei auch kein "Solospiel" Chinas, sondern eine "Symphonie gemeinsamer Interessen", so Wang.

"Eigener Hof"

Kritik am jüngst auf Satellitenaufnahmen dokumentierten Ausbau von Atollen und Riffen der Spratly-Inseln im Südchinesischen Meer wies der Außenminister zurück. Das Gebiet ist zwischen China und mehreren südostasiatischen Anrainerstaaten umstritten. Wang bestätigte die Konstruktionsarbeiten durch Chinas Marine. Sie seien "rechtmäßig und gerechtfertigt", da es sich um chinesische Inseln "in Chinas eigenem Hof" handle.

Peking beansprucht rund 80 Prozent des Südchinesischen Meeres und beruft sich auf eine umstrittene Neun-Punkte-Linie, die die frühere Kuomintang-Regierung eigenmächtig als Seegrenze einzeichnen ließ. China hat die seinen Landgrenzen nähergelegenen Xisha (Paracel)-Inseln nach einem kurzen Seekrieg mit Vietnam unter seine Kontrolle gebracht und die Hauptinsel 2012 zur Stadt Sansha ausgebaut. (Johnny Erling aus Peking, DER STANDARD, 9.3.2015)