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SPÖ und ÖVP sind bereit, den Österreicherinnen und Österreichern steuerpolitisch einzuschenken. Ein und dieselbe Maßnahme hat dabei aber höchst unterschiedliche Effekte auf Männer und Frauen.

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Die Steuerreform ist zwar grammatikalisch weiblich, aber ihre Auswirkungen auf Männer und Frauen sind nicht geschlechtsneutral, sondern es gibt Maßnahmen, die eher Männer zugutekommen, und andere, die eher Frauen bevorzugen würden. Wie also müsste eine "gendergerechte" Steuerreform aussehen?

Grundsätzlich sind bei einer Analyse steuerpolitischer Maßnahmen aus Genderperspektive zwei Dimensionen zu bedenken: Zum einen Lenkungseffekte auf die Verteilung bezahlter und unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern, zum anderen Verteilungseffekte, die daraus resultieren, dass bestimmte Ressourcen zwischen den Geschlechtern unterschiedlich verteilt sind.

Lenken und verteilen

Das österreichische Abgabensystem ist derzeit so gestaltet, dass es eine relativ ungleiche Verteilung von bezahlter - und damit zusammenhängend unbezahlter - Arbeit begünstigt bzw. Hindernisse beinhaltet, die einer gleicheren Arbeitsteilung entgegenwirken.

Der Eingangssteuersatz (36,5 Prozent), der ab 11.000 Euro Einkommen fällig wird, aber auch die Geringfügigkeitsgrenze, unter der man sozialbeitragsbefreit ist, sind durchaus wirksame Hürden für viele Frauen, mehr als geringfügig oder in Teilzeit zu arbeiten. Eine Senkung des Eingangssteuersatzes, wie geplant, könnte also ein Anreiz für Frauen sein, ihre Arbeitszeit auszudehnen.

Auch der Alleinverdienerabsetzbetrag stützt das Modell, dass einer, meist eine, die weniger verdienende Frau, zu Hause bleibt oder Niedriglohnjobs macht. Die Überstundenbegünstigung wiederum kommt vor allem Männern, die relativ viel arbeiten, zugute.

Der Millionär ist meist ein Er

Was die Verteilungseffekte anlangt, so lässt sich anhand empirischer Daten sagen, dass etwa höhere Konsumsteuern Frauen stärker belasten würden, weil sie aufgrund ihres oft niedrigeren Einkommens eine relativ höhere Konsumquote als Männer haben.

Umgekehrt würde eine Erhöhung der Kapitalertragssteuer (KESt) Männer mehr belasten, weil diese im Schnitt über höhere Kapitalerträge verfügen. Auch ein höherer Spitzensteuersatz sowie allgemein Vermögenssteuern würden aufgrund der geschlechterspezifisch unterschiedlichen Einkommensverteilung eher eine männliche Zielgruppe treffen. Die "Millionärssteuer" müsste man demnach sprachlich nicht gendern, weil tatsächlich vor allem Männer betroffen wären.

Entlastungen im unteren Einkommens- und Vermögensbereich würden demnach mehr Frauen begünstigen.

Freibetrag oder absetzen

Verteilungspolitisch höchst unterschiedliche Wirkungen haben Steuerfreibeträge und Absetzbeträge. Freibeträge reduzieren die Bemessungsgrundlage und wirken damit tendenziell zugunsten hoher Einkommen, entlasten also vor allem Männer.

Absetzbeträge dagegen, die von der Steuerschuld abgezogen werden können, sind einkommensunabhängig und entlasten alle in gleicher Höhe. Sie wirken somit tendenziell eher zugunsten von Frauen - wären aus Genderperspektive also vorzuziehen.

Und die hat sich das Finanzministerium ja eigentlich verordnet. Denn in den verpflichtenden Gleichstellungszielen des Ressorts ist explizit die Rede von einem Abgabensystem, das die "bessere Verteilung der Erwerbsarbeit wie auch der unbezahlten Arbeit zwischen Frauen und Männern unterstützt". (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 13.3.2015)