Bild nicht mehr verfügbar.

Was sagt der vorläufige Pensionsbescheid? Sagt er mir nicht: Ätsch! Leere Kilometer!

Foto: apa/roland schlager

Reden wir doch übers Geld. Ich zum Beispiel bekäme aktuell laut meinem neuen Pensionskonto 772,44 Euro brutto. Ein Schlag ins Gesicht! Brutto, das heißt Krankenversicherungsbeiträge und Steuern sind davon noch nicht abgezogen. Wie viele andere Versicherte, die ab 1. Jänner 1955 geboren sind, erfüllte mich das Öffnen des Kuverts der österreichischen Pensionsversicherung mit Bestürzung.

Gesprochen wird darüber viel zu wenig, vor allem im Detail: Übers Einkommen wird in Österreich, anders als in vielen skandinavischen Ländern, geschwiegen, detto über die Pension. Das Thema Frauenpensionen ist ein besonders schwieriges Thema, auch in der medialen Berichterstattung. Das zeigt eine aktuelle Studie der Agentur Media Affairs: Rangiert Frauenpolitik generell schon im hinteren Bereich des Medienrankings, bilden die Frauenpensionen 2014 das thematische Schlusslicht.

Karenz, Ganztagsvolksschule – und wieder Vollzeit

Um beim Beispiel zu bleiben: Ich bin eine sehr gut ausgebildete Akademikerin und arbeite seit meinem 19. Lebensjahr. Gleich nach der Matura habe ich begonnen, bei Zeitungen zu volontieren. Damals, wir schreiben die frühen 1990er-Jahre, in Österreich die einzige sinnvolle Möglichkeit der JournalistInnenausbildung. Weil ich immer, wiewohl geringfügig, gearbeitet habe, hat mein Studium länger gedauert. Insgesamt 18 Semester inklusive Diplomarbeit. Dafür habe ich nach diversen Stationen bei Tages- und Wochenzeitungen mit 28 Jahren eine feste Anstellung ergattert. Das ist im Journalismus damals wie heute die Ausnahme. Die neun Jahre intensiver Selbstausbeutung hatten sich, so schien es, gelohnt.

Dann kam das Kind. Keine Reue! Es folgt ein Jahr Karenz. Das Thema Kinderbetreuung für ein Zwölfmonatiges geklärt, erst 20 Stunden Teilzeit für drei Monate, dann gleich wieder 30 Stunden in Teilzeit. Ab 2009, es gibt ja zum Glück vereinzelt Ganztagesvolksschulen, wieder Vollzeit gearbeitet.

Berufsbiografien einer anderen Generation

Das alles ist immer noch eine sehr, sehr privilegierte Situation, von der andere nur träumen können. Vergleichen wir sie, der Abwechslung halber, einmal nicht mit der eines männlichen Kollegen, sondern mit der Berufsbiografie meiner Mutter: Sie ist die erste Akademikerin in der Familie, sehr gut ausgebildet, aber bereit, ihren eigenen Berufsweg für Kind und Ehemann aufzugeben. Sie arbeitete in der Erwachsenenbildung immer nur wenige Stunden die Woche und bekommt heute, dank einer Witwenpension, knapp mehr als 1.000 Euro monatlich.

Was aber bedeutet das für mich und all die anderen sehr gut ausgebildeten Frauen meiner Generation? Es geht nicht um eine Neiddebatte, ich gönne meiner Mutter und allen anderen Pensionistinnen das Geld. Was aber heißt es gesamtgesellschaftlich? Was ist das Signal, das mir dieser (vorläufige) Pensionsbescheid sendet? Sagt er mir nicht: Ätsch! Leere Kilometer! Hättest du dich halt rechtzeitig nach einer guten Partie umgesehen im heiratsfähigen Alter.

Rat an das eigene Kind

Unterm Strich ein Pensionsanspruch nach 25 Jahren Arbeit, Ausbildung und Kindererziehung unter der "Mindestpension", also der Ausgleichszulage für monatliche Einkommen als Alleinstehende, die derzeit weniger als 872,31 Euro monatlich (Stand 2015) bekommen. Für mich wird es sich ausgehen, da bin ich zuversichtlich. Die Anhebung des Frauenpensionsalters wird mich betreffen. Wenn ich gesund bleibe, kann ich noch mehr als 20 Jahre arbeiten.

Was aber empfehle ich meiner Tochter? Soll sie sich für ein Studium entscheiden, das heute durch die Studieneingangs- und Orientierungsphase und andere Maßnahmen natürlich viel kürzer dauern muss? Oder für eine möglichst kurze Berufsausbildung, um im besten Fall möglichst viele Pensionsansprüche sammeln zu können? Die dann wer finanziert? Werden sie und die jungen Frauen und Männer ihrer Generation Berufs- und Familienleben besser vereinbaren können? Das derzeitige System suggeriert, dass zu Hause zu bleiben für Frauen die bessere Wahl sein könnte. Es fehlt der politische Wille, das zu ändern. (Tanja Paar, dieStandard.at, 20.3.2015)