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Es darf gemutmaßt werden, dass sich der Wiener Bürgermeister Michael Häupl auch dann nicht bei den Lehrerinnen und Lehrern entschuldigt hätte, wenn die Forderung vor Dienstagmittag gekommen wäre.

APA/HERBERT PFARRHOFER

Wien - Aus Lehrersicht ist es fast wie im Film Und täglich grüßt das Murmeltier. Zumindest fühlt sich AHS-Gewerkschaftsvorsitzender Eckehard Quin (FCG) angesichts der reaktivierten Debatte um eine Erhöhung der Lehrverpflichtung zur Stopfung budgetärer Löcher daran erinnert, sagte er am Mittwoch im STANDARD-Gespräch: "Seit September 1976 gibt es die Lehrverpflichtung, wie es sie gibt, und seither haben wir zweimal im Jahr diese Diskussion. Wenn wo Geld fehlt, greift man halt in den öffentlichen Dienst."

Einen eher exotischen Wortbeitrag zu diesem Ritual lieferte nun der Wiener Bürgermeister. Michael Häupl (SPÖ) hatte am Dienstag gemeint: "Wenn ich 22 Stunden in der Woche arbeite, bin ich Dienstagmittag fertig."

Das fanden die Lehrerinnen und Lehrer im Land nicht lustig, im Gegenteil. Die bürgermeisterliche Gleichsetzung von Unterrichtszeit und Arbeitszeit ließ die Wogen der Empörung hochgehen. Quin schrieb noch Dienstagabend einen Brief an Häupl und forderte angesichts seiner "Diffamierung einer ganzen Berufsgruppe" eine öffentliche Entschuldigung.

Häupls Spaß ...

Diese wird nicht kommen, sagte Häupl am Mittwoch zu seinem "Spaß über meine Arbeitszeit": "Ich wüsste nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte." Er habe nicht die "vielen engagierten" Pädagoginnen und Pädagogen gemeint, sondern sich "kritisch mit der Politik der Lehrergewerkschaft auseinandergesetzt". Deren dauerndes Nein zu allem und jedem nervt ihn: "Und da lass ich mir nicht den Mund verbieten."

... ein "Rülpser"

Das kam auch bei den roten Lehrervertretern ganz schlecht an. BMHS-Vizegewerkschaftsvorsitzender Heinrich Himmer (FSG) berichtete von aufgebrachten "Kolleginnen und Kollegen, die Parteiaustritt und Niederlegung ihrer Funktion überlegen". Über den Inhalt des Auftritts Häupls, der auch SPÖ-Vizeparteichef ist, wolle er erst gar nicht reden, zur Form der Häupl'schen Lehrerarbeitszeiteinschätzung aber sagte Himmer zum STANDARD: "Dass er mediale Rülpser loslässt, ist ja nicht das erste Mal." Nur seien die Folgen dieses "Kalauers" leider "enorm schädigend".

Unterrichtszeit und Arbeitszeit

Nachhilfe für Häupl boten auch die Lehrerinnen und Lehrer im BSA (Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen) mit dem Hinweis, dass die Lehrerarbeitszeit "nicht nur aus der Anwesenheit in den Klassen besteht, sondern auch andere Tätigkeiten außerhalb des Unterrichts als Arbeitszeit veranschlagt werden müssen".

Das strikte Nein zu zwei Stunden mehr Unterricht für alle 127.000 Lehrerinnen und Lehrer - auch von Beamtengewerkschaftschef Fritz Neugebauer angesichts des ohnehin neuen Lehrerdienstrechts mit Nachdruck deponiert - begründet die Gewerkschaft mit 12.000 Lehrerposten, die diese Maßnahme kosten würde. Dafür müsste die Regierung gar niemanden kündigen, sondern "einfach nur befristete Dienstverträge nicht mehr verlängern", sagt Quin.

ÖGB-Chef fordert höheres Bildungsbudget

Just im Bildungsbereich Personal abzubauen wäre aber "katastrophal", warnte auch ÖGB-Präsident Erich Foglar. Er empfahl der Regierung im Ö1-Mittagsjournal eine andere Lösung: "Selbstverständlich" mehr Budget für das Bildungsministerium. Man solle die Budgetierung überdenken. In der Verwaltung müsse gespart werden, "aber so geht das nicht".

Apropos Budget: Laut Personalbericht 2014 flossen von den Gesamtstaatsausgaben (160,5 Milliarden Euro) im Jahr 2013 etwas mehr als die Hälfte (54,8 Prozent) als Transfers an private Haushalte, der zweitgrößte Posten (27,5 Prozent, 44 Milliarden Euro) für Sach- und Personalaufwand in den öffentlichen Dienst, davon zwei Drittel als Arbeitnehmerentgelte (29,3 Milliarden Euro) für die 456.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, 16.4.2015)