Nona A. lebt seit inzwischen neun Jahren in Österreich, hat hier eine Familie gegründet. Doch sicher, ob sie bleiben dürfen, sind sie und die Ihren immer noch nicht.

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Wien - Krankenschwestern werden in Österreich dringend gesucht, der Beruf steht auch heuer auf der offiziellen Mangelberufsliste des Sozial- und Innenministeriums. Nona A., diplomierte Krankenschwester aus Georgien, hat trotzdem keine Chance auf einen Job. Die 28-Jährige mit den rötlichen Haaren, dem wachen Blick und den, wie sich im Gespräch zeigt, sehr guten Deutschkenntnissen darf nicht arbeiten. Denn sie ist als Flüchtling nach Österreich gekommen.

Das war 2006, also vor inzwischen neun Jahren. Seither ist Nona A., die in ihrer Heimat eine dreijährige Schwesternausbildung abgeschlossen hat, zwangsweise arbeitslos. Weil Asylwerber keinen freien Zugang zum Arbeitsmarkt haben, woran auch langjährige politische Forderungen von NGOs und Experten nichts geändert haben.

Studie über Jobzugang fertig

Nur Saison- und Erntearbeit ist Schutzsuchenden erlaubt. Eine vom Sozialministerium beim Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) in Auftrag gegebene Studie über die arbeitsmarktpolitische Auswirkung von mehr Liberalität ist dem Vernehmen nach schon seit Wochen fertig, aber noch unter Verschluss.

Nona A. ist in den Jahren ihres Hierseins trotz Lohnarbeitsverbot nicht untätig geblieben. Unterstützt von der evangelischen Diakonie hat sie Deutschkurse, einen Babysitter- und einen Psychologiekurs besucht und positiv absolviert. "Die Zusatzausbildungen werde ich später als Krankenschwester gut brauchen können", sagt sie optimistisch. Ihr "Luxuswunsch" ist ein Psychologiekurs an der Wiener Sigmund-Freud-Universität. "Zu teuer", sagt sie bedauernd.

Familiengründung in Österreich

In Österreich hat die junge Georgierin auch eine Familie gegründet, mit dem Mann, dem sie mit 19 Jahren hierher folgte - zwei Jahre, nachdem er hier um Asyl ersucht hatte. Pawel A. (Name geändert) wurde in Georgien zum orthodoxen Laienpriester ausgebildet und machte eine Lehre als Fliesenleger. Doch in diesem in Österreich ebenfalls gefragten Beruf darf auch er nicht jobben.

Alles, was es für ihn an bezahlter Arbeit bisher gab, waren geringfügige Beschäftigungen bei der MA 48, der Wiener Müllabfuhr. Sie brachten ihm rund 100 Euro pro Monat ein, was die Grundversorgung auffettete.

Genau dies wurde ihm später als Hinweis auf mangelnde Integration ausgelegt, als es um seinen Verbleib in Österreich ging. Pawel A. sei nicht selbsterhaltungsfähig, wurde ihm beschieden: ein Bleibeausschließungsgrund.

Kein Asyl für Pawel A.

Seine Heimat verließ der Georgier 2004 - aus politischen Gründen, wie er im Asylverfahren vorbrachte. Die österreichischen Behörden glaubten ihm nicht. Auch Lebensgefährtin Nona, die einen eigenen Antrag auf Schutz eingebracht hatte, wurde negativ beschieden.

Also stellte Pawel A. einen Bleiberechtsantrag. Doch die damit befassten Ämter und Gerichte legten wiederholt längere Ermittlungspausen ein. Als der Antrag 2014 schließlich abgewiesen wurde, war das älteste seiner Kinder bereits im Schulalter.

Diese - zwei Töchter, ein Sohn - haben in Österreich das Licht der Welt erblickt. Zurzeit besuchen sie Kindergarten respektive Volksschule in Wien. "Keines der drei hat Georgien je gesehen. Die Älteste - sie ist zehn - fängt zu weinen an, wenn wir darüber reden, dass wir aus Österreich vielleicht wegmüssen."

Zwangsrückkehr möglich

All ihre Schulfreunde seien hier, und auch Georgisch beherrsche sie nur rudimentär, beschwere sich das Mädchen. Doch eine Rückkehrentscheidung der Behörden ist laut Anwalt Wilfried Embacher durchaus möglich: Das Bleiberechtsverfahren der Mutter sei noch voll in der Schwebe.

In dieser Drucksituation, so Nona A., halte sie vor allem der Alltag der Kinder auf Trab. "Um sechs stehe ich auf, mache die Kinder weggehfertig. Dann bringen wir die Kleinen in den Kindergarten. Ich kaufe ein, koche, dann holen wir die Kinder wieder ab. Am Nachmittag versuche ich, der Ältesten bei den Schulaufgaben zu helfen", schildert sie.

Kein Hortplatz

Letzteres sei gar nicht einfach, denn in den engen zwei Zimmern, die die Familie in einem Diakonie-Flüchtlingshaus bewohnt, fehle oft die Konzentration. Weit besser lernen würde die Tochter in einem Hort. Doch: "Einen Gratisplatz in einem städtischen Hort bekommen in Wien nur jene Kinder, deren Eltern einen richtigen Job haben." (Irene Brickner, DER STANDARD, 30.4.2015)