Veronika Pernsteiner sieht sich als neue Vorsitzende der Katholischen Frauen "am Puls der Zeit".

Foto: Werner Dedl

Für die ehrenamtliche Organisation der "Tschernobyl-Kindererholungsaktion" wurde Pernsteiner 2011 mit dem Menschenrechtspreis des Landes Oberösterreich ausgezeichnet.

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STANDARD: Sie haben gleich nach Ihrer Wahl angekündigt, dass Ihnen die Gleichstellung der Frauen in der Kirche besonders am Herzen liege. Warum steckt man sich als neue Vorsitzende gleich zum Auftakt solch unrealistische Ziele?

Pernsteiner: Ich will mich in meiner neuen Aufgabe den Herausforderungen stellen. Dass Mann und Frau in der katholischen Kirche derzeit noch nicht gleichgestellt sind, ist leider Tatsache. Tatsache ist aber auch, dass in der Taufe Mann und Frau gleich sind. Und es kann nicht das Geschlecht über einem Sakrament stehen. Als ersten Schritt fordere ich, dass auch Frauen zu Diakoninnen geweiht werden.

STANDARD: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass solch provokante Forderungen in Rom gerne überhört werden. Stört Sie diese klerikale Ignoranz nicht?

Pernsteiner: Bitte, diese Forderung ist doch nicht provokant – sondern sie entspricht der Realität, weil sowieso die Hälfte der Menschen in der Kirche Frauen sind. Und gerade die Frauen sind es, die diakonische Arbeit leisten. Und was die fehlende Reaktion anbelangt: Steter Tropfen höhlt den Stein. Es sind schon andere Änderungen nicht auf Anhieb durchgegangen.

STANDARD: Ihr Optimismus in Ehren, aber Faktum ist, dass die gläserne Decke für Frauen in der katholischen Kirche tief hängt – Karriere macht man in Laienorganisationen oder im Orden. Glauben Sie ernst, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird?

Pernsteiner: Ich bin ein optimistischer Mensch. Auch die Laien gehören zur katholischen Kirche. Und es gibt jetzt schon etliche Leitungsfunktionen, die in Frauenhand sind, auch wenn es deutlich mehr sein könnten. Da wird dem, was das Kirchenrecht ermöglicht, noch viel zu wenig nachgekommen. Ein wunder Punkt sind aber die Weiheämter.

STANDARD: Eben. Die erste Reihe ist fest in Männerhand.

Pernsteiner: Natürlich wird es da nicht von heute auf morgen plötzlich eine Änderung geben. Da liegt schon noch eine gewaltige Aufgabe vor uns. Aber wir kämpfen für eine kirchenrechtliche Gleichberechtigung auf allen Ebenen. Und ich möchte, dass die Katholische Frauenbewegung (kfbö) eine attraktive Andockstelle für engagierte Frauen in der Kirche bleibt und es noch mehr wird.

STANDARD: Sehen Sie unter Papst Franziskus eine Bewusstseinsbildung hin zu mehr Weiblichkeit?

Pernsteiner: Der Papst hat von einer Theologie der Frau gesprochen – ein Hoffnungsschimmer, wenn der Papst so verstanden werden kann, dass er für eine von Männern wie Frauen gleichermaßen betriebene Theologie eintritt.

STANDARD: Haben Sie in Ihrem langen Kirchenleben jemals als Frau Diskriminierung erlebt?

Pernsteiner: Ministrantin war zu meiner Zeit kein Thema. Sonst fällt mir ehrlich keine für mich diskriminierende Situation ein. Ich habe von Kindesbeinen an ein sehr positives Kirchenbild gehabt. Das gibt mir die Motivation, mich für eine Kirche von Männern und Frauen einzusetzen.

STANDARD: Nicht alle teilen aber offensichtlich dieses positive Kirchenbild. Die Herde wird kleiner, die katholische Kirche schrumpft kontinuierlich.

Pernsteiner: Für dieses negative Kirchenbild gibt es mehrere Ursachen. Punkt eins: Sie können sich gleich selber bei der Nase nehmen – der Grundsatz der Medien "bad news are good news" herrscht auch bei den Kirchenthemen vor. Hausgemacht ist hingegen die falsche Bescheidenheit der Kirche. Wir sind alle dazu aufgerufen, selbstbewusst aufzutreten und all die vielen positiven Dinge in der Kirche nach außen zu tragen – aber auch Fehlentwicklungen deutlicher zu benennen. Das war und ist vor allem der Auftrag für die Katholischen Frauen.

STANDARD: Mit Verlaub, in den letzten Jahren war von dieser Schärfe wenig zu spüren – da waren die Katholischen Frauen sehr brave Mädchen. Wird es da unter Ihrer Führung jetzt einen Kurswechsel geben?

Pernsteiner: Komm ich etwa brav daher? Wir sind auf vielen Ebenen aktiv, auch gesellschafts- und entwicklungspolitisch, wir machen zum Beispiel auch Flashmobs – wir tanzen gegen Gewalt an Frauen. Klar ist: Wir sehen uns nicht als Widerpart zu den Bischöfen. Aber natürlich muss man standfest in seinen Aussagen sein. Ich werde kontrollierte Blitze streuen.

STANDARD: Das heißt, der kfbö-Kurs wird jetzt unter Ihrer Führung deutlich härter?

Pernsteiner: Nicht unbedingt härter, auch nicht aggressiver. Aber ich werde es mit einem pointierteren Stil versuchen. Wir werden natürlich immer das Gespräch suchen – reden steht an erster Stelle. Aber es braucht auch eine Prise Aktionismus.

(Markus Rohrhofer, 11.5.2015)