Katharina Hajek untersucht, wie Politik das Familiengefüge prägen und lenken kann.

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Bei ihrem ersten Praktikum - im Europäischen Parlament - habe man ihr zu einem Jusstudium geraten. "Ich habe mich trotzdem für Politikwissenschaft entschieden", sagt Katharina Hajek. Dass sie studieren wollte, war der heute 30-Jährigen früh klar - und die Lust an Bildung hat nie abgenommen. Ihrem Magisterstudium hat die 30-Jährige daher 2011 ein Doktoratsstudium an der Universität Wien angehängt. Mit dem Marietta-Blau-Stipendium des Wissenschaftsministeriums verbringt sie nun fünf Monate an der York University in Toronto.

In ihrer Dissertation analysiert Hajek, wie Familie aktuell in Deutschland politisch reguliert wird. Spricht sie mit Fachfremden über ihre Forschung, würde es nicht selten zu Missverständnissen kommen, sagt Hajek: "Da muss ich immer wieder erklären, dass es mir nicht darum geht, welche Modelle von Familie gelebt werden, also, ob es mehr Patchwork- oder Regenbogen-Familien gibt." In ihrer Arbeit gehe es ihr viel mehr darum, welches Familienbild dem politischen Diskurs zugrunde liegt. Dabei interessieren sie: "Erstens die Gesetze, die regeln, wer heiraten und wer Kinder adoptieren darf und wer nicht. Zweitens die Leistungen, mit denen der Staat bestimmte Familienmodelle unterstützt." Und dabei habe sich in den vergangenen Jahren viel getan: Das Lebenspartnerschaftsgesetz wurde beschlossen und Vätermonate wurden eingeführt.

Eine häufige Frage laute, wieso sie als Österreicherin gerade Deutschland als Analysegegenstand herangezogen habe, sagt Hajek. "Dort haben sich viele familienpolitische Entwicklungen schon sehr früh vollzogen." So sei in den 2000er-Jahren, etwa mit der Einführung des Elterngelds oder dem Ausbau der öffentlichen Kinderbetreuung, das traditionelle Familienmodell dem Konzept einer Zwei-Verdiener-Familie gewichen: nicht länger der Vater, sondern beide Elternteile sollten von nun an einer bezahlten Arbeit nachgehen. "Das hatte Modellwirkung für manche Länder in Europa", sagt Hajek. Sie findet das "Thema Familie" deshalb so interessant, "weil sich dort vieles verdichtet": Nicht nur unsere Vorstellung von Geschlechterrollen, sondern auch, wie die Pflege von Jungen, Alten und Kranken organisiert wird, werde am Modell Familie deutlich. "Die Fragen, mit denen ich mich beschäftige, sind permanent aktuell - erst kürzlich ging es in der Debatte um das Einfrieren von Eizellen auch darum, wie Familie und das Kinderkriegen gesellschaftlich gestaltet werden sollen", sagt Hajek.

Als theoretische Grundlage für ihre Forschung habe sie auch feministische Ansätze gewählt: "Ich brauche die Begriffe von Öffentlichkeit und Privatheit, von Geschlechterrollen und damit auch Väter- und Mütterbildern, also: Wer übernimmt welche Rolle und welche Tätigkeiten in der Familie", sagt Hajek. Dem würden sich vor allem feministische Theoretikerinnen widmen. "Sie haben hier eine Expertise, die andere Fachbereiche nicht haben."

Ob ihr der Beruf der Wissenschafterin gefällt? Die Arbeitsbedingungen sind heftig, die Anstellungsverhältnisse sind in Österreich fast immer befristet", sagt Hajek. "Aber gleichzeitig liebe ich meinen Job. Man kommt viel herum, kann sich mit dem beschäftigen, was einen interessiert", sagt Hajek. "Wenn es nach mir geht, bleibe ich in der Wissenschaft." (Lisa Breit, 25.5.2015)