Dominik Kovács, Yuki Trippel und Thomas Steinlechner erreichten bei Intel ISEF in LA den zweiten Platz.

Foto: Intel ISEF

Das Team von ART: Dominik Kovács, Yuki Trippel und Thomas Steinlechner.

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Der Prototyp des ART.

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Die Funktionsweise des ART.

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Die Idee für ein Startup wird häufig aus einem Hobby geboren, oft sind es auch irgendwelche Alltagsprobleme, die es zu lösen gilt. So ganz will das Projekt von Thomas Steinlechner (21), Dominik Kovács (20) und Yuki Trippel (22) aber nicht in diese klassischen Konzepte passen. Die drei Jungforscher tüfteln an ART ("Anastomosis Robot Tool"), einem Operationswerkzeug mit dem sich nach Entfernung eines Dickdarmtumors die beiden Darmenden minimalinvasiv wieder verbinden lassen.

Auf die Idee für das ungewöhnliche Projekt, mit dem sie auf mehreren nationalen und internationalen Forschungswettbewerben die vorderen Plätze belegten, brachte sie ein Chirurg.

Weniger Risiko und schnellere Heilung

Darmanastomosen, also die Verbindung von zwei Darmenden, können nur in der Nähe des Rektums minimalinvasiv und laparoskopisch durchgeführt werden, erklärt uns Projektleiter Thomas. Befindet sich das Karzinom in einer höheren Darmregion, ist es mit dem bisher verwendeten Operationswerkzeug – dem Circular Stapler – nicht mehr erreichbar. Die beiden Darmenden müssen in einer aufwändigeren Operation, die auch ein größeres Risiko für den Patienten birgt und die Heilungsdauer verlängert, händisch genäht werden.

Mit ART haben Thomas, Dominik und Yuki den Circular Stapler weiterentwickelt und mobiler gestaltet. Das Gerät wird transanal eingeführt und kann bis an die betroffene Stelle im Dickdarm geschoben werden, die beiden Darmenden werden zusammengeklammert.

Von Mödling nach Los Angeles

Thomas erzählt, dass ART ursprünglich als ein Maturaprojekt an der HTL Mödling begonnen hat und damals ein erster Prototyp gefertigt wurde. "Wir hatten vom Klassenvorstand und vom Projektbetreuer jeden Rückhalt, den wir brauchten", erinnert er sich an die Schulzeit zurück. Ursprünglich war gar nicht geplant, dass die drei Techniker das Projekt nach der Schule auch fortsetzen.

Erst das positive Feedback beim österreichischen Ideenwettbewerb "Jugend Innovativ", wo ART in der Kategorie Engineering den ersten Platz erreichte, hat das Team dazu angespornt, weiterzutüfteln. Bei den internationalen Forschungswettbewerben EUCYS in Prag und Intel ISEF in Los Angeles belegten sie schließlich jeweils den zweiten Platz.

Patente für Studenten nicht leistbar

Wieso bisher noch kein Unternehmen auf die Idee gekommen ist, ein ähnliches Gerät zu entwickeln, kann sich Thomas selbst nicht so recht erklären. "Es gibt auch kein Patent oder sonst irgendetwas dazu. Denn das haben wir jetzt und es hat sich bisher auch niemand bei uns beschwert", erklärt er stolz über das erteilte Patent in Österreich. In einem nächsten Schritt muss sich das Team nun überlegen, in welchen weiteren Ländern das Patent beantragt werden soll. Und das wird teuer. Thomas rechnet je nach Anzahl der Länder mit fünf- bis sechsstelligen Beträgen – kaum leistbar für Studenten. Deshalb ist das Team nun auf der Suche nach Investoren und Partnern.

Professionelleres Auftreten

Unterstützung erhält das junge Team dabei vom Austria Wirtschaftsservice (aws). "Wir sind in zwei Programmen, aws IP.Vermarktung und aws First", erklärt Thomas. Über das Programm IP.Vermarktung schreibt das aws aktiv Unternehmen an und hilft bei der Vermarktung der Idee. Im Startup-Förderprogramm aws First erhalten Thomas, Dominik und Yuki finanzielle Unterstützung, eignen sich das wirtschaftliche Hintergrundwissen für die Gründung eines eigenen Unternehmens an und arbeiten an einem professionelleren Auftritt.

Mit Businessplan, eigener Webseite und Werbematerialien will das Team auf Kongressen und Veranstaltungen aktiv den Kontakt zu Ärzten, Investoren und Unternehmen in der Medizintechnik suchen. Bereits vor der Teilnahme an den aws-Programmen gab es erste Gespräche mit Interessenten, damals waren die drei Jungforscher eigenen Aussagen nach aber noch zu unreif. Aus diesen Fehlern haben sie gelernt und gehen nun strukturierter und besser vorbereitet an die Sache heran.

Schweinedärme vom Fleischhauer

Nächster großer Meilenstein für das junge Team ist die Fertigung eines neuen Prototyps, mit dem dann in Zusammenarbeit mit dem AKH Wien eine Machbarkeitsstudie an Schweinen durchgeführt werden soll. Dabei wird dann erstmals unter möglichst realen Bedingungen getestet, ob sich das ART auch tatsächlich an die gewünschte Stelle im Darm voranschieben lässt und so wie in der Theorie funktioniert.

Mit anderen Worten: Damit steht und fällt das derzeitige Konzept des Geräts. Bisher konnte das Team die Dummys nur an Schweinedickdärmen testen, die beim Fleischhauer gekauft wurden. Von Ärzten haben die jungen Forscher jetzt schon wertvolles Feedback erhalten.

Je Torpedo-artiger, desto besser

Thomas, Dominik und Yuki waren bereits auf mehreren Kongressen und haben sich dort mit Chirurgen über ART unterhalten. Das Feedback fiel dabei recht breit gefächert aus. Manche Ärzte sehen keinen Bedarf an einer neuen Operationstechnik, andere wiederum erachten Fortschritte für notwendig und sind neuen Methoden gegenüber aufgeschlossen, erzählt Thomas. Sie haben auch Feedback erhalten, das in die weitere Entwicklung von ART einfließen könnte. "Von der Form her haben Ärzte gesagt: 'Je Torpedo-artiger, desto leichter zum Einführen'", erinnert sich das Team an einen Vorschlag. Andere Ärzte schlugen eine eingebaute Kamera, spezielle genormte Aufsätze und eine kabellose Fernsteuerung vor.

Ziel: Exit-Strategie

Das Team wird in den nächsten Monaten zwar weiterhin an ART tüfteln, den verbesserten Prototypen bauen und die erste Studie begleiten, letztendlich würden sie mit diesem Projekt jedoch am liebsten die Exit-Strategie wählen und die Idee an ein Unternehmen verkaufen. "Was uns vor allem Schwierigkeiten bereitet, sind die ganzen Regulatorien", erzählt Teamleiter Thomas und spricht damit die lange Entwicklungszeit von Produkten in der Medizintechnik an.

Zahlreiche Studien und Zertifikate und damit viel Zeit und Geld sind notwendig, bevor man das Produkt überhaupt richtig testen kann – von der marktreife ganz zu schweigen. "Uns ist das Risiko einfach zu groß. In der Medizinbranche steckt so viel Geld dahinter und falls es nicht funktioniert, sind wir verschuldet."

Gründergeist

Am Gründergeist fehlt es dem jungen Team jedoch nicht. "Wir haben noch andere Projekte und Ideen, mit denen wir eher eine Firma aufmachen werden", verrät Thomas. Die Medizintechnik und die damit verbundenen Hürden wollen sie aber meiden. "Die anderen Projekte sind mehr im Hobbybereich angesiedelt, etwa ein neuer Kunststoff für 3D-Drucker und solche Sachen."

Vorerst liegt der Fokus aber auf ART und der Kontaktaufnahme mit potentiellen Interessenten. Das Risiko, dass kein Käufer für das Projekt gefunden wird, betrachtet Thomas jedoch sehr nüchtern und blickt positiv in die Zukunft: "Wenn was dabei rausschaut ist es natürlich toll, wenn nicht ist es schade. Aber die Erfahrung wird uns in Zukunft viel bringen." (Martin Wendel, 26.05.2015)