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Wolfgang Brandstetter, Justizminister.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) verabschiedet sich von dem Plan, das "Po-Grapschen" oder ähnliche Übergriffe als Straftatbestand ins Gesetz zu schreiben. In der Regierungsvorlage für das neue Strafgesetzbuch (StGB) werde die entsprechende Änderung nicht stehen, bestätigte seine Sprecherin einen Bericht der "Presse" (Samstag-Ausgabe).

Die Stellungnahmen im Begutachtungsverfahren hätten "einfach gezeigt, dass es keinen Sinn macht", den Paragraf 218 entsprechend auszuweiten, sagte sie. Geplant war, "körperliche Belästigungen im Bereich der sexuellen Sphäre" unter Strafe zu stellen. Doch Derartiges sei "im Kriminalrecht schwer zu fassen", so Brandstetters Sprecherin. Der neue Tatbestand der "Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung" werde aber jedenfalls verankert, wobei laut "Presse" hier noch präziser formuliert werden könnte.

Er sehe kaum einen Weg, die sexuelle Belästigung als Tatbestand im Strafrecht zu verankern, sagte er am Samstag auch im Ö1-"Mittagsjournal". Er werde aber gemeinsam mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek "versuchen, eine Lösung zu finden".

Die Kritik in der Begutachtungsphase, dass es "nicht möglich wäre, zu unterscheiden zwischen im Prinzip noch tolerierbaren Berührungen und solchen, die es nicht mehr sind, muss man ernst nehmen", so der Minister. Das Urteil der Stellungnahmen sei "vom Gewicht" her "absolut negativ" ausgefallen. Er möchte nun über andere Möglichkeiten nachdenken und nannte einen Verwaltungsstraftatbestand als Variante.

"Muss ins Strafrecht"

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hatte gesagt, die Entscheidung Brandstetters nicht zu akzeptieren. "Wir haben vereinbart, dass sexuelle Belästigung strafbar sein muss", und sie habe "keinen Grund", anzunehmen, dass Brandstetter sich nicht daran halten werde. Sie werde am Montag ein Gespräch Brandstetter führen.

"Die sexuelle Integrität von Frauen muss ernst genommen werden", sagte Heinisch-Hosek. Was die Stellungnahmen betrifft, hätte sie 29 gezählt, die sich für die ursprüngliche Formulierung im Begutachtungsentwurf aussprachen und 13, die für eine Präzisierung eintraten. 23 seien gegen die Bestimmung gewesen, somit sei das Verdikt insgesamt "eindeutig pro" ausgefallen.

Der Frauenministerin geht es um "sexuell konnotiertes unerwünschtes intensives Berühren", das jedenfalls strafbar werden müsse. Über allfällige Präzisierungen zu sprechen, kann sie sich vorstellen - ein "Verwässern" aber lehnt sie ab.

Verwässert wird ihrer Ansicht nach auch die Formulierung des neuen Tatbestands der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung. Hier wolle Brandstetter Anregungen aus der Begutachtung aufgreifen und sexuelle Gewalt nicht "ohne Einverständnis", sondern "gegen den Willen" des Opfers strafbar machen, so Heinisch-Hosek zum Entwurf für die Regierungsvorlage. Auch das komme für sie nicht in Frage. Was etwa würde diese Änderung für das sogenannte "Freezing" ("ich erstarre vor Angst") bedeuten, fragt sie. Sie warnt davor, dass im Extremfall Frauen vor Gericht nachweisen müssten, dass sie sich aktiv gewehrt hätten.

Aus der SPÖ erntete Brandstetter am Samstag fortlaufend Kritik. Die rote Frauenorganisation und die Parteijugend ärgerten sich in Aussendungen über Brandstetters Entscheidung.

Häusliche Gewalt

Ebenfalls auf die Kritiker im Begutachtungsverfahren hört der Justizminister in Sachen Diversion bei häuslicher Gewalt. Diese wäre laut Entwurf bei Gewalt bzw. gefährlicher Drohung gegen unmündige Personen sowie gegen Angehörige entfallen, was auf breite Ablehnung stieß. Nun soll die Möglichkeit der Diversion in solchen Fällen beibehalten werden. (APA, 29.5.2015)