Ex-Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) hat angesichts der rot-blauen Koalition im Burgenland scharfe Kritik an SPÖ-Chef Werner Faymann geübt. In der Samstag-Ausgabe der "Kleinen Zeitung" fordert er die Ablöse von Faymann als SP-Chef. Die Argumentation der SPÖ-Bundesparteispitze, es handle sich um eine Sache der burgenländischen Landes-Partei, ließ Lacina nicht gelten: "Ich sehe es nicht als burgenländisches Problem, sondern als Problem der Gesamtpartei, die auf dem besten Weg ist, ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren, weil es eine ganz akute Führungsschwäche gibt. Vor den zwei wichtigen Wahlen in Oberösterreich und Wien müssen rasch Konsequenzen gezogen werden." Und zwar "so rasch wie möglich", denn "sonst zerfleddert die Partei."

Dass Faymann zuletzt erneut betonte, dass es im Bund keine Zusammenarbeit mit der FPÖ geben werde, ist für Lacina kein Argument: "Die SPÖ ist eine Gesinnungsgemeinschaft, die auf gemeinsamen Werten fußt. Da kann man nicht sagen, in einem Bundesland ist es so und in dem anderen Bundesland so. Das ist meiner Ansicht nach nicht tragbar." Der Schritt von Landesparteichef Hans Niessl sei mit sozialdemokratischen Haltungen "nicht vereinbar", so der ehemalige SP-Finanzminister. "Es ist nicht ein Problem des Burgenlands oder der Jugendorganisation, sondern ein Problem der gesamten SPÖ."

In die selbe Kerbe schlug der Traiskirchner SPÖ-Bürgermeister Andreas Babler, der auf dem Kurznachrichtendienst Twitter eine Funktionstrennung von Kanzler und Parteivorsitzenden forderte, "und beides ohne Werner F."

Scharfe Kritik an der Koalitionsbildung übte im "Kurier" auch der ehemalige rote Unterrichtsminister Rudolf Scholten. "Eine sinnvolle Koalition braucht ein Mindestmaß an gemeinsamer Haltung - und daran fehlt es mit der FPÖ", sagte der Präsident des Bruno-Kreisky-Forums und nunmehrige Generaldirektor der Oesterreichischen Kontrollbank.

Kritisch äußerte sich auch Wiens Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny in seiner Funktion als Präsident des Bundes sozialdemokratischer AkademikerInnen, Intellektueller & KünstlerInnen (BSA): "Ich lehne das selbstverständlich ab. Allein der gesunde Menschenverstand muss einem sagen, dass es mit der FPÖ nicht geht." Er betont gegenüber dem "Kurier", dass hinter seiner Position 10.000 BSA-Mitglieder stünden.

Parteijugend fordert Niessls Ausschluss

Der Verband Sozialistischer Student_innen und die SPÖ-Kinder- und Jugendorganisation Rote Falken haben am Freitag den Parteiausschluss von Burgenlands Landeschef Hans Niessl gefordert. Niessl setze sich mit der Koalition mit der FPÖ wissentlich über einen Bundesparteitagsbeschluss der SPÖ hinweg, dies dürfe nicht ohne Konsequenzen bleiben, erklärte Rote Falken-Vorsitzender Heli Gotthartsleitner.

"Wir fordern den sofortigen Parteiausschluss von Hans Niessl", so Gotthartsleitner in einer gemeinsamen Aussendung der Roten Falken und dem VSStÖ. Der dementsprechende Antrag sei in Vorbereitung und werde demnächst bei Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos eingehen. Für Unterstützer dieser Forderung sei bereits eine Website eingerichtet worden (niesslmussgehen.wordpress.com).

Die Vorsitzende des VSStÖ, Rasha Abd El Mawgoud, erklärte, man könne "nicht stillschweigend zur Kenntnis nehmen, dass Hans Niessl hier nicht nur den viel zitierten Tabubruch vollzieht, sondern vor allem einen Verrat an allen antifaschistischen, antirassistischen Kräften in der SPÖ begeht".

VSStÖ und Rote Falken riefen daher gemeinsam zur Teilnahme an der von der Plattform "Offensive gegen Rechts" angekündigten Kundgebung gegen die Rot-Blaue Koalition im Burgenland auf: "Zeigen wir der SPÖ Burgenland gemeinsam, dass wir uns dieses Vorgehen sicher nicht gefallen lassen. Wir rufen daher zur Demonstration der Offensive gegen Rechts Burgenland am 11. Juni 2015 in Eisenstadt auf."

Kritik übte Gotthartsleitner im Gespräch mit der APA auch an SPÖ-Bundesparteichef Werner Faymann: Er hätte sich ein deutlicheres Statement des Bundeskanzlers und auch von Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos gewünscht, sagte er. Die Aussage von Darabos, wonach die Zusammenarbeit mit der FPÖ im Burgenland sogar ein "gelungenes Experiment" werden könnte, sei "der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt". (red/APA, 5.6.2015)