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Eine geringere Normalarbeitszeit soll laut GPA mehr Menschen an der Arbeitslosigkeit vorbeileiten.

Foto: Herbert Neubauer

Um die Entwicklung Österreichs in Sachen Arbeitsmarkt von Europas Musterschüler zum Problemkind zu stoppen, bringen sich die heimischen Interessenvertretungen mit ihren Nachhilfekonzepten in Stellung. Ende der Vorwoche war die Industriellenvereinigung (IV) mit der Forderung einer Aufweichung der Kollektivverträge und der Einführung eines Hartz-IV-Modells deutscher Prägung vorgeprescht, nun kontert die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) mit Maßnahmen zur Verringerung der Arbeitszeit. "Fakt ist, dass wir einen starken Anstieg von Arbeitslosigkeit und Teilzeitbeschäftigung erlebt haben", sagt der Vorsitzende der GPA Druck, Journalismus, Papier, Wolfgang Katzian. "Wir brauchen jetzt mutige Schritte, um die Arbeit besser zu verteilen."

Konkret soll die gesetzliche Arbeitszeit, die sich seit 1975 auf 40 Stunden pro Woche beläuft, auf 38,5 Stunden abgesenkt werden. Zudem soll die Normalarbeitszeit auf Basis der Kollektivverträge (KV) auf 35 Wochenstunden verringert werden – bei vollem Lohn- und Gehaltsausgleich. Die letzte KV-Verkürzung ist laut Katzian vor 25 Jahren erfolgt, diese sei aber nie bei den Arbeitnehmern angekommen: "Mit durchschnittlich 42 Stunden pro Woche liegt Österreich im Spitzenfeld Europas."

Weniger Überstunden

Folglich ist auch die Verringerung geleisteter Überstunden ein Hauptanliegen der GPA. Um diese aus Arbeitgebersicht weniger attraktiv zu machen, kann sich Katzian höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung für jene Unternehmen vorstellen, in denen besonders viele Überstunden geleistet werden. Zur Umsetzung seiner Ziele setzt der GPA-Vorsitzende auf sozialpartnerschaftliche Verhandlungen, lässt sich aber auch den Einsatz "anderer Formen der Auseinandersetzung" offen. "Heute ist der Startschuss für diese Diskussion", sagte Katzian anlässlich einer Betriebsrätekonferenz.

Dabei wusste er nicht nur die rund 1000 teilnehmenden Betriebsräte hinter sich, auch eine Ifes-Umfrage zum Thema Arbeitszeit unterstützt seine Forderung. Bei vollem Lohnausgleich begrüßen 66 Prozent der Arbeitnehmer eine Reduzierung der Normalarbeitszeit auf 35 Stunden. Wesentlich zurückhaltender sind diese freilich, sollte dies mit einer Gehaltsreduktion verbunden sein: In diesem Fall unterstützen nur 23 Prozent die Forderung nach verringerter Arbeitszeit.

Auswege aus Teilzeitfalle

Im Gegenzug könnten Arbeitgeber auf gesündere und besser motivierte Angestellte zurückgreifen und würden von einer höheren volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage profitieren, sollten mehr Leute in Beschäftigung stehen. Den IV-Vorschlägen bezüglich Aufweichungsmöglichkeiten für Kollektivverträge und Hartz IV erteilte Katzian neuerlich eine Absage. Zusätzlich forderte er jedoch erleichterten Anspruch auf seine sechste Urlaubswoche, und das Recht auf eine 30-Stunden-Woche für junge Väter und Mütter. Ebenfalls auf der Agenda: Auswege "aus der Teilzeitfalle", von der immer mehr Frauen betroffen sind. (Alexander Hahn, 15.6.2015)