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"Big Brother is Watching You."

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Der literarische Klassiker zum Thema "überwachter Bürger".

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"Die überwachten Bürger": STANDARD-Schwerpunktausgabe am 27. Juni.

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Javier Marías schwärmt im "FAZ"-Interview vom Leben ohne E-Mail-Adresse. Der Autor traut der digitalen Welt nicht. Medialer Konservatismus und Weltfremdheit schwingen in dieser Aussage mit. T. C. Boyles Haltung zu modernen Entwicklungen wirkt noch radikaler: "Surfen Sie nicht im Internet, gehen Sie nicht hinaus auf die Straße, sprechen Sie die Drohnen nicht persönlich an. Zerstören Sie einfach das Telefon und den Computer." Freilich entpuppt sich die Paranoia aber schnell als ironische Überspitzung.

Das Unwohlsein gegenüber einer sich immer weiter entwickelnden Technik, die ohne Regeln und Regulierungsmöglichkeit den gläsernen Menschen Realität werden lässt, vereint die beiden Autoren dennoch. Boyle und Marías gehören zu den 560 Unterzeichnern des Aufrufs "Die Demokratie verteidigen im digitalen Zeitalter". Bereits 2013 forderten Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus 80 verschiedenen Ländern eine internationale Konvention der digitalen Rechte.

Der Klassiker oder: Die Angst ist nicht neu

Das prominenteste Werk zum Thema "der überwachte Bürger" lieferte 1949 George Orwell mit seinem Roman "1984". Die deutsche Autorin Juli Zeh, die ebenfalls zu den Unterzeichnern der Petition gehört, setzt sich auch in ihrem Roman "Corpus Delicti" mit den dystopischen Folgen moderner Überwachungstechniken auseinander.

Aber auch weniger explizit können sich Autoren Überwachungsmodalitäten oder der Frage nach der Informationsverteilung widmen. Wie etwa Thomas Pynchon, durch dessen Werke sich immer wieder eine (paranoide?) Ahnung um die unaufschlüsselbaren Mechanismen zieht, die unseren Alltag durchwirken. Ganz zu schweigen von sämtlichen Werken der Science-Fiction-Literatur, deren Zukunftsprognosen kaum ohne Überwachungsszenarien auskommen.

Die Angst vor neuen technologischen Entwicklungen, die sich gegen den Menschen richten, ihn kontrollieren und disziplinieren, ist dabei freilich keine Erfindung des digitalen Zeitalters. Literarische Fantasien und Prognosen setzen sich von jeher damit auseinander. Die Thematik ist in Zeiten von NSA-Überwachung und Drohnenflügen nur medial präsenter.

Wie sehen Sie das?

Welche Werke mit den Themen Datenmissbrauch, Überwachungsstaat und gläserner Mensch haben Sie besonders beeindruckt, nachdenklich gestimmt oder gar schockiert? Was unterscheidet paranoide Zukunftsfantasien von differenzierter Zeitkritik? Wie sehen Sie die Rolle der Autorinnen und Autoren in dieser Debatte? Sollte es mehr konkrete politische Aktionen geben, oder sprechen die Werke für sich? (Julia Meyer, 25.6.2015)