Wien – Es kommt nicht jeden Tag vor, dass sich Kardinal Christoph Schönborn in die Tagespolitik einmischt. Am Mittwoch erteilte er der blauen Nationalratsabgeordneten Dagmar Belakowitsch-Jenewein aber einen Rüffel für deren umstrittenen Asylsager. Die Innenministerin möge doch prüfen, ob man Flüchtlinge, die sich gegen ihre Abschiebung wehren, nicht mit Hercules-Maschinen des Bundesheers außer Landes bringen könne, hatte sie im Nationalrat gefordert. "Denn dann könnten sie da drinnen schreien, so laut sie wollen."

"Solche Aussagen können nur Menschen tätigen, die so etwas nicht erlebt haben oder nicht hingeschaut haben", reagierte Schönborn. Es ist jedenfalls nicht das erste Mal, dass die FPÖ-Gesundheitssprecherin mit provokanten Aussagen für Schlagzeilen sorgt. "Döner macht nicht schöner, sondern dicker", kommentierte sie vor zwei Jahren eine Studie, in der herauskam, dass türkischstämmige Kinder etwas häufiger von Übergewicht betroffen sind als Kinder ohne Migrationshintergrund.

Bei der Nationalratswahl 2013 stand Dagmar Belakowitsch-Jenewein auf Platz vier der FPÖ-Bundesliste, in Wien sogar auf Platz zwei hinter Heinz-Christian Strache.
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Gegen "Genderwahnsinn"

Auch mit dem "Genderwahnsinn" beschäftigt sich die 46-Jährige gern. So beispielsweise 2013, als die SPÖ-nahen Kinderfreunde im Fasching dafür plädierten, Kinder mögen doch neue Rollen ausprobieren und traditionelle Geschlechtergrenzen überspringen.

Als Chefin der FPÖ im 16. Wiener Bezirk freute sie sich in der Folge, "dass auf den zahlreichen Ottakringer Kinderfaschingsfesten kleine Mädchen als glückliche Prinzessinnen in pastellfarbenen Tüllkleidchen ebenso wie die Buben als starke Cowboys, Polizisten und Piraten herumgelaufen sind". Zusatz: "Und dabei soll und muss es auch bleiben."

Münzdiebstahl durch "organisierte Banden"

Im Parlament bringt sie mitunter kuriose Anfragen ein, nicht selten mit Ausländer- und/oder Kriminalitätsbezug. Von Justiz- und Innenministerium wollte sie wissen, wie viele Anzeigen wegen Münzdiebstahls aus Brunnen es seit 2008 gab. Seit einigen Jahren gebe es nämlich Beschwerden über "organisierte Banden", die aus Zierbrunnen Geldstücke entwenden.

In einer anderen Anfrage verlangte sie Aufklärung über Weinblattdiebe. Belakowitsch-Jenewein vermutete "Täter aus dem orientalischen Kulturkreis".

Im Parlament brachte die Abgeordnete in dieser Legislaturperiode bereits 448 Anfragen ein.
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"Keine Provokateurin"

Sie selbst sieht sich freilich nicht als Provokateurin. Der Döner-Sager sei einfach nur "lustig gemeint" gewesen. Auch die Aufregung über die Abschiebungen via Transportmaschine sei "aufgebauscht" worden. "Wenn der Kardinal glaubt, er muss sich in die Politik einmischen, steht ihm das natürlich frei."

Sie habe lediglich einen "konstruktiven Vorschlag" einbringen wollen. Schließlich komme es immer wieder vor, dass Flüchtlinge durch "Schreien und Spucken" eine Abschiebung verhindern wollten. Es gehe ihr nur darum, dass rechtskräftige Bescheide auch vollzogen werden. "Recht muss Recht bleiben."

Bedenken bei SPÖ

Von politischen Mitbewerbern wird die zweifache Mutter zwiespältig betrachtet. In SPÖ-Kreisen wird sie einerseits als "zuverlässige und korrekte" Ansprechpartnerin in der Gesundheitspolitik beschrieben. Andererseits gab es bei den Roten 2006 heftige Debatten, als die studierte Medizinerin (als Ärztin praktiziert hat sie nie) nach ihrem erstmaligen Einzug in den Nationalrat den Vorsitz im Gesundheitsausschuss übernehmen sollte.

Eigentlich ist es üblich, dass die Regierungsparteien auch die Oppositionsvertreter für die ihnen zustehenden Ausschüsse wählen. Im Fall Belakowitsch-Jeneweins konnten sich die SPÖ-Vertreter nicht dazu durchringen. Sie zogen aus dem Ausschuss aus, was aber die Wahl der FPÖlerin nicht verhinderte.

Der Frauenanteil in der FPÖ ist niedrig, von Quoten hält Belakowitsch-Jenewein aber nichts.
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Keine klassischen Seilschaften

Das Verhältnis zu Parteichef Heinz-Christian Strache beschreiben Parteifreunde als äußerst gut. Klassischen Seilschaften, die vor allem bei den Männern in der FPÖ eine große Rolle spielen, gehört sie angeblich nicht an. Als Männerpartei sieht sie die FPÖ trotz verschwindend geringen Frauenanteils nicht. Sie sei auch karrieretechnisch nie auf Widerstand gestoßen und lehnt auch Quotenregelungen explizit ab. "Nicht das Geschlecht, sondern die Leistung soll ausschlaggebend sein."

Ihr Bruder Hans-Jörg Jenewein ist Landesparteisekretär der FPÖ Wien und machte sich jahrelang für die Erhaltung des Grabes von NS-Luftwaffenoffizier Walter Nowotny stark.

Der FPÖ trat Belakowitsch-Jenewein bereits 1992 bei. Jörg Haider sei aber "nicht ausschlaggebend gewesen", sagt sie heute. "Die FPÖ war einfach eine junge, dynamische Bewegung, die Probleme beim Namen nannte." Ihr Interesse an Politik sei aber schon viel früher geweckt worden. Bei der Volksabstimmung gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf im Jahr 1978. Damals war sie zehn Jahre alt. (Günther Oswald, 18.6.2015)