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Gabriele Wohmann war eine Meisterin der Kurzgeschichte und, wie sie selbst sagte, von der "Schreibkrankheit" befallen.

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Darmstadt – Selbstverteidigung und Gegenangriff heißen zwei Erzählbände, die Gabriele Wohmann Anfang der 1970er-Jahre publizierte. Beides war für die 1932 in eine Pastorenfamilie geborene Autorin wohl auch das Schreiben von Anfang an. Mehr als 100 Bücher, Erzählungen, Romane, Lyrik, dazu Rezensionen, Hörspiele und zahlreiche Reden hat die laut Eigendefinition von der "Schreibkrankheit" besessene Schriftstellerin verfasst. Es gab Zeiten wie etwa das Jahr 1981, als Gabriele Wohmann sieben neue Bücher vorlegte, und das in fünf Verlagen.

Das brachte der erfolgreichen Wohmann in Teilen der Kritik den Ruf ein, oberflächlich zu sein. Aber die Autorin hatte auch gewichtige Fürsprecher. Tilman Krause, der sie als die "Königin der deutschen Kurzgeschichte" bezeichnete, oder Reinhart Baumgart, der den Begriff des "Wohmannisieren" prägte. Er meinte damit die scheinbar unspektakuläre Verfasstheit von Wohmanns Prosa, unter deren Oberfläche es allerdings wütet, ihr geringes Erzähltempo und ihr Interesse am Alltag, zumal dem bundesrepublikanischen nach Kriegsende.

Genauer, kühler Blick

Es war zunächst ein unerbittlich genauer, kühler Blick, den Wohmann auf den Alltag ihrer Figuren warf, die unter der schattigen Käseglocke der Gesellschaft lebten. Es war allerdings kein emotionsloser Blick, nur ein unsentimentaler. In den 1980er-Jahren, dem Höhepunkt ihres Schaffens (u.a. mit dem Roman Der Flötenton, der die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl thematisiert), wird das Schreiben Wohmanns versöhnlicher. Immer wieder blitzen nun in ihren Büchern kurze Momente des magisch Schönen und des Glücks auf. Trotz allem.

In den letzten beiden Jahrzehnten blieb Wohmann zwar dem Gesellschaftlichen treu, sie ging, wie sie in einem Interview sagte, nun aber in ihren Werken näher an sich selber heran. Etwa als sie über den Tod ihrer Schwester (Abschied von der Schwester) schrieb.

Gabriele Wohmann starb am Montag 83-jährig in Darmstadt. (Stefan Gmünder, 23.6.2015)