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Zehn gefälschte Bewertungen reichten aus, um das frei erfundene Ristorante Scaletta auf Tripadvisor zum besten Lokal in Moniga del Garda zu machen.

Das Tripadvisor-Ranking für den Ort gegen Mitte Juni.

Foto: Screenshot (via Google Cache)

Wer sich auf Reisen begibt und an seiner Destination nach interessanten Orten, Unterkünften oder guten Plätzen zum Einkehren sucht, nutzt nicht selten Empfehlungsplattformen. Zu den bekanntesten zählt Tripadvisor. Hier veröffentlichen Weltenbummler ihre Erfahrungen. Dass der Content von den Nutzern stammt und nicht von den Betreibern, sorgt für Glaubwürdigkeit.

Entsprechend groß ist die Besorgnis, wenn die Kontrolle versagt. In Italien wurde Tripadvisor unter anderem vergangenes Jahr dafür kritisiert, weiterhin Rezensionen für ein Hotel anzunehmen, das eigentlich 2007 zugesperrt hatte. Vergangenen Dezember verhängten die Behörden eine Strafe in der Höhe von 500.000 Euro, da man die Maßnahmen gegen gefälschte Bewertungen als unzureichend ansah. Und nun wurde die Seite von einer Zeitung aufs Glatteis geführt, schreibt The Local.

Seltsame Vorgänge

Moniga del Garda ist eine beschauliche Gemeinde mit etwa 2.500 Einwohnern. Sie liegt östlich von Brescia direkt am Gardasee. Das macht sie zu einem beliebten Urlaubsziel, zumal auch ein schöner Hafen, ein mittelalterliches Kastell und zahlreiche Campingplätze locken.

Auch einige Restaurants verköstigen Einheimische und Besucher. Besonders beliebt ist das L'Osteria H2O, das auf Tripadvisor schon über 300 Mal und großteils sehr gut bewertet wurde. Der Benotungsschnitt liegt bei 4,5 von fünf möglichen Punkten. Doch im Mai und Juni konnten rätselhafte Entwicklungen im Ranking beobachtet werden.

Experiment

Das Magazin Italia a Tavola und eine Reihe von Restaurantbetreiber hatten beschlossen, die Manipulationsanfälligkeit der Plattform unter Beweis zu stellen. Man legte einen Eintrag für ein nicht existentes "Ristorante Scaletta" an. Die angegebene Adresse war ebenso erfunden wie die Telefonnummer, die einst zur örtlichen Polizei von Manerba führte.

Zwischen Mai und Juni deponierte man mehrere Rezensionen, allesamt ausgestattet mit der Bestnote für die rein virtuelle Gaststätte. In den Texten wurde in übertriebener Art und Weise von den Qualitäten des Restaurants geschwärmt. Bei Tripadvisor löste dies offenkundig keinen Alarm aus, denn der Fake-Eintrag legte einen rasanten Aufstieg in der lokalen Bestenliste der Speiselokale hin.

Fake-Restaurant rückt an Chartspitze

Mitte Juni schließlich wurde das Scaletta schließlich als bestes aller 30 gelisteten Lokale in Moniga del Garda geführt (unter diesem Link derzeit noch per Google Cache nachvollziehbar). Eine Einstufung, die alleine auf zehn erfundenen Bewertungen basierte. Das L'Osteria H2O oder das Al Porto rückten nach hinten, obwohl sie bereits erheblich mehr Feedback erhalten hatten. Erst nachdem man das Experiment auffliegen ließ, reagierte Tripadvisor umgehend mit der Löschung des Eintrags.

Es hätte nur wenig Aufwand bedeutet, herauszufinden, dass die Adresse und Telefonnummer des Scaletta nicht echt waren, bemängeln die involvierten Restaurantbetreiber. Ein System, das derart anfällig für Betrug sei, könne keine vertrauenswürdigen Ranglisten liefern. Man gehe davon aus, dass die Manipulation der Charts durch gefälschte Bewertungen wohl häufig vorkomme. Dies könne zu erheblichem Schaden für seriöse Lokale führen und bedeute gleichzeitig Unsicherheit für die Besucher.

Tripadvisor: Experiment "bedeutungslos"

Tripadvisor hat sich mittlerweile zur Aktion zu Wort gemeldet, interessanterweise aber nicht gegenüber Italia a Tavola, sondern mit einer Stellungnahme das Giornale di Brescia. Demnach sieht die Plattform das Experiment als "bedeutungslos" und "unethisch" an. Denn es sei nicht abgelaufen wie die alltägliche Ranking-Manipulation, die man natürlich überwache. Nach mehr als zehn Jahren Rezensionsanalyse könne man sehr gut das Verhalten ehrlicher Rezensenten von Betrugsversuchen unterscheiden. Man sei stets bestrebt, ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten.

Eine Reihe von Lokalen und Pensionsbetreibern scheint davon nicht überzeugt und hat sich mittlerweile der Kampagne #NoTripadvisor angeschlossen. Diese fordert strengere Kontrollen und die Abschaffung anonymer Bewertungen. Teilnehmende Betriebe verpflichten sich, eine eventuell verliehene "Certificate of Excellence"-Plakette von Tripadvisor zu entfernen. (gpi, 24.06.2015)