Wien – Will man mehr über das Universum und seine wahrscheinliche Zusammensetzung erfahren, ist die Chance zwischen 22. und 29. Juli hoch, in und um die Uni Wien auf kundige Menschen zu treffen. Dann hält nämlich die Europäische Physikalische Gesellschaft die weltgrößte Teilchenphysik-Konferenz des Jahres erstmals in Wien ab. Über 700 Wissenschafter werden darüber debattieren, was die Welt zusammenhält.

Als Veranstalter der "European Physical Society Conference on High Energy Physics" (EPS-HEP2015) fungieren die Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die Uni Wien und die Technische Universität (TU) Wien. Es handle sich um "das große Ereignis dieses Jahres" in diesem Forschungsbereich, erklärte der Direktor des Instituts für Hochenergiephysik (HEPHY) der ÖAW, Jochen Schieck, im Vorfeld der Konferenz gegenüber Journalisten.

Aus aktuellem Anlass wird der seit einigen Wochen anlaufende Neustart der Teilchenkollisionen in der größten Maschine der Welt, dem Teilchenbeschleuniger "Large Hadron Collider" (LHC) am europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf, ein dominantes Thema sein. "Um Kleines zu sehen, braucht es viel Energie", so Schieck. Darum habe man in den vergangenen Jahren auch viel darin investiert, den LHC fit für noch intensivere Teilchen-Crashs zu machen.

Erste Erfolge

Welche Phänomene nun beim Zusammenstoß von Protonen mit noch mehr Power sichtbar werden, sei offen. "Man weiß einfach nicht, ab welcher Energieschwelle sich Neues zeigt", so der HEPHY-Chef. Erste Erfolge gibt es aber schon.

Dank der erheblich erhöhten Kollisionsenergie haben die CERN-Forscher vor wenigen Tagen den erstmaligen Nachweis sogenannter Pentaquark-Teilchen gemeldet. Diese aus vier Quarks und einem Antiquark bestehenden Teilchen sind eine Form von Bestandteilen der Materie, die bisher nur in theoretischen Modellen der Teilchenphysik beschrieben wurden.

Auch wenn das CERN und die Forschung an Teilchenbeschleunigern im Mittelpunkt stehen, was sich auch aus der Anwesenheit von CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer und seiner designierten Nachfolgerin Fabiola Gianotti zeigt, gibt es noch zahlreiche weitere Großthemen bei der Konferenz. Die Forscher werden sich unter anderem auch der Kosmologie, der Hochenergie-Astrophysik, der mysteriösen "Dunklen Materie", Präzisionsexperimenten abseits der Beschleuniger und der Theorie der Supersymmetrie zuwenden.

Unterhaltung, Information...

Ganz unter sich wollen sie dabei aber nicht bleiben. Um vor allem bei jungen Menschen Interesse für die Materie zu wecken, wird es ein umfangreiches Programm für die Öffentlichkeit geben. Vom 20. bis 31. Juli 2015 stellt die Schau "Spurensuche – Die Bausteine des Universums" im Uni-Campus Altes AKH Teilchenphysik und das weltweit größte wissenschaftliche Experiment, den LHC, spannend und anschaulich dar. An den Abenden des 23. und 26. Juli kann man dort mit Teilchenphysikern plaudern. An diesen beiden Tagen und am 30. Juli finden in der Alten Kapelle am Uni-Campus allgemein verständliche Vorträge statt.

Am Abend des 25. Juli wird im Hof 2 des Uni-Campus der Dokumentarfilm "Particle Fever" gezeigt. Der Physiker David Kaplan folgt dabei sechs Wissenschaftern von der Inbetriebnahme des LHC bis zur Entdeckung des Higgs-Bosons.

... und Kunst

Auch die Kunst hat ihren Platz: Im Hauptgebäude der Uni Wien sind vom 22. bis 29. Juli Kunstobjekte der Initiative "Art@CMS" zu sehen. Kern dieses Kunst- und Wissenschaftsprojekts ist der CMS-Detektor am LHC, ein 15 Meter hohes, 14.000 Tonne schweres Gerät, das kleinste Teilchen im Bruchteil einer Sekunde erfassen kann. Eine weitere Fotoausstellung zeigt "Women in physics in the Palestinian Territories".

Österreich ist seit 1959 Mitglied des CERN. Hierzulande wird an sieben Universitätsinstituten und zwei Instituten der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auf dem Gebiet der experimentellen und theoretischen Kern- und Teilchenphysik geforscht. (APA, 19.7.2015)